MultichannelDay 2020
18.09.2020, 19:12 Uhr
Multichannel-Marathon: 15 Plattformen in 12 Stunden
Auf dem digitalen "MultichannelDay" von INTERNET WORLD und Michael Atug gaben sich Vertreter aller großen Amazon-Alternativen die Klinke in die Hand. Neben Größen wie eBay und Otto stellten sich auch weniger bekannte, aber nicht weniger spannende Plattformen vor.
Als sich die E-Commerce-Branche vor einem Jahr zum ersten MultichannelDay in Köln traf, um interessante Alternativen zum Verkauf auf Amazon auszuloten, war das teilweise noch ein zähes Unterfangen. Der Otto Market war gerade im Aufbau, Rakuten kämpfte mit seinem Bekannheitsgrad, auch eBay bat bei vielen vorgestellten Neuerungen immer wieder um Zeit. "In der Branche wird aktuell zuviel über die Übermacht von Amazon geredet und zu wenig getan", schimpfte daher Michael Atug, und viele der rund 200 Teilnehmer stimmten ihm zu.
Die Verfolger haben Fahrt aufgenommen
Ein Jahr später fand nun der zweite MultichannelDay statt (aufgrund der aktuellen Corona-Situation ausschließlich virtuell) - höchste Zeit, um herauszufinden, ob die Amazon-Verfolger die vergangenen Monate genutzt haben.
Tatsächlich fielen die Vorträge vieler Referenten sehr konkret aus. Diana Okoye, Senior Director Operation von eBay Deutschland, stellte die vielen Neuerungen auf Basis von künstlicher Intelligenz vor, mit denen eBay das Nutzererlebnis verbessern will. "Vieles davon sieht von außen nicht übermäßig spektakulär aus", so Okoye. "Aber der Effekt auf die passgenauere Suche oder die Inspiration durch personalisierte Empfehlungen ist wirklich enorm."
Otto Market konzentriert sich noch auf die Kern-Sortimente
Besonders hoch fiel das Zuhörerinteresse auch beim Vortrag von Robert Schlichter, Bereichsleiter Partnermanagement bei Otto, aus. Der brachte nämlich eine ganz konkrete Anforderungsliste für Händler mit, die über Otto Market verkaufen wollen. Neben einer deutschen Umsatzsteuer-ID, einem deutschen Warenlager und einem deutschsprachigen Kundenservice (Anforderungen, mit denen sich Otto ganz bewusst von internationalen Marktplätzen wie Amazon und eBay abgrenzt) stand eine Liste an Kategorien im Anforderungskatalog: Derzeit nimmt Otto nur Händler an, die Produkte aus den Kategorien Einrichten & Wohnen, Fashion & Lifestyle, Technik & Medien, Sport & Freizeit sowie Garten & Heimwerken verkaufen. "Mit dem Marktplatz wollen wir unseren Kunden bessere Angebote, niedrigere Preise, schnellere Lieferzeiten, höhere Verfügbarkeiten und bessere Services bieten", so Schlichter. "Und wir beginnen damit in den Kategorien, in denen Otto traditionell stark ist."
Konkret wurde es auch in den Vorträgen von Zalando, myToys und Schuhe24. Die Marktplätze, die sich allesamt auf bestimmte Sortimente konzentrieren. Philipp Ludewig, Head of Partnerprogramm Fashion & Development bei myToys, warb offen für die Teilnahme auf seinem "Marktplatz für Familien" - mit hohen Warenkörben, loyalen Kunden und hoher Shopping-Frequenz.
Seinem Kollegen Christian Lange von der Schuhe24-Gruppe wiederum reichte der halbstündige Vortragsslot kaum aus, um die mittlerweile 6 Plattformen vorzustellen, auf denen die Gruppe die Sortimente stationäre Fachhändler ins Netz bringt. Die Plattformen übernimmt dabei den größten Teil der Arbeit: Um Produktfotos, Artikel-Beschreibungen, Online Marketing, Zahlungsabwicklung und Retourenmanagement kümmert sich die Schuhe24-Gruppe. "Der Händler muss letztlich eigentlich nichts mehr machen außer Pakete packen und verschicken", so Lange. Das bezahlen teilnehmende Händler allerdings damit, dass sie die Preishoheit über ihre Produkte an die Plattform abtreten.
Doch noch ein bisschen "Wir arbeiten dran"
Neben den klassischen Online-Marktplätzen traten auch Social Commerce-Plattformen auf dem Multichannel Day auf. Von Facebook gab es Neuigkeiten zu den Facebook und Instagram Shops - auch wenn an dieser Stelle das altbekannte "Wir arbeiten dran" noch einmal aufblitzte. Die Checkout-Funktion für beide Shopping-Lösungen ist nämlich in Deutschland noch nicht verfügbar. "Das soll aber im Laufe von 2021 kommen", fügte Stefan Edl, Industry Manager Fashion Retail & Public Affairs bei Facebook auf Nachfrage hinzu.
Wie gut Instagram als Absatzkanal und Traffic-Generator funktioniert, erklärt dann Alisa Jahnke, Gründerin von Purelei, aus der Praxis mit einem schwindelerregenden Vortrag. Eine Lanze für Pinterest - das zwar auch "was mit Bildern, aber mit Instagram nicht zu vergleichen" sei - brach danach die Marketing-Beraterin und Online-Händlerin Claudia Mellein.
Am Ende von 3 Tagen Multichannel-Marathon steht die Erkenntnis: Der deutsche E-Commerce ist längst viel mehr als nur Amazon. Längst haben sich, vor allem in Sortiments- oder Zielgruppennischen hochinteressante Alternativen herausgebildet, die um Handelspartner werben. Ein genauerer Blick lohnt sich.