Internet World Expo
07.03.2018, 09:06 Uhr
Christian Lindner: "Warum können wir nicht mal cool sein?"
Ob man nun FDP-Anhänger ist oder nicht: Von Digitalpolitik reden und auf aktuelle Mängel in Sachen Breitbandausbau und Co hinweisen, das kann Christian Lindner. Auf der Internet World Expo, bei der u.a. Boardsporthändler Blue Tomato über künstliche Intelligenz referierte, stellte der Bundesvorsitzende der FDP seine fünf Digital-Projekte vor.
"Ich wäre eher Finanz- als Digitalminister geworden", so Christian Lindner auf der Bühne der Internet World Expo in München, "auch wenn ich beides hätten machen wollen." Der Bundesvorsitzende der FDP präsentierte vor vollem Haus seine fünf Projekte, die auf der Agenda in Sachen Digitalisierung stehen sollten.
1. Breitbandausbau
Lindner plädierte stark für den Breitbandausbau und steigende Investitionen in das Glasfasernetz - auch im ländlichen Raum. Das sei die Grundlage für alle neuen Applikationen. "Aktuell haben vier Prozent in Deutschland Zugang zum Glasfasernetz. Damit sind wir näher an Nordkorea mit null Prozent als an Südkorea mit rund 70 Prozent", so Lindner. Zudem solle man auch Wettbewerb zulassen - und sich nicht immer nur von der Telekom dominieren lassen. Auch öffentliche Fördergelder seien von Nöten.
2. Digitalisierung des Staates selbst
Aktuell ist für Lindner die Gründung und Anmeldung eines neuen Unternehmens in Deutschland enorm teuer und bürokratisch, man sei hierzulande noch zu sehr ans Papier gebunden. Digitalisierung müsste man als Chance verstehen, kostengünstiger und zeitsparender zu leben.
3. Rechtliche Rahmen
Während in Alltagsfragen oft zu viele rechtliche Hürden herrschen, gebe es in Sachen GAFA zu wenig Kontrolle, meint der FDP-Mann. Man bräuchte einen rechtlichen Rahmen, der es erlaubt, Digitalisierung als Chance zu nutzen. Das Silicon-Valley-Plattformkapital habe alles verändert. Die GAFA seien zu mächtig und könnten nahezu alles kontrollieren - Newcomer hätten wenig Chance. Lindner fordert einen Sozialstaat 4.0, der den Menschen und dessen Bedürfnisse in den Vordergrund stellt.
4. Wo kommt im Digitalen die Sicherheit her?
Der oft gehörte Vorwurf, die Digitalisierung zerstöre Millionen Arbeitsplätze, ist für Lindner so nicht gültig. Jobs würden verlagert werden, es würde aber keine Job-Not entstehen. Etabliert werden müsse daher ein zweites neues Bildungssystem für ein lebensbegleitendes Lernen. So könne man Ängste nehmen und Sicherheiten aufbauen.
5. Investitionen
Gelder aus der Politik würden aktuell vor allem in Beton und Staatsanleihen fließen - mit Beteiligungen an Venture Capital Fonds oder Private Equity Fonds sähe es schlecht aus. Das sei widersinnig und ökologisch unklug.
Schlussendlich brauche es für all diese Punkte mehr als nur eine Staatsministerin für Digitales, zu der jüngst Dorothee Bär (CSU) ernannt wurde. Das Grundproblem besteht für Lindner in den vermischten Zuständigkeiten, man müsse das Know-how auf eine Person und eine Verantwortliche verlagern - in der Politik wie in anderen Unternehmen auch. Digitalisierung ist eine Managementaufgabe, so Lindner.
Auch auf die Frage, wie denn mit dem Mangel an E-Commerce-Kräften umzugehen sei, hatte Lindner übrigens eine Antwort. Man müsse sich ein Beispiel an Emmanuel Macron, Staatspräsident von Frankreich, nehmen. Dieser hatte auf Trumps US-Einwanderungsverbot für Bürger aus verschiedenen mehrheitlich muslimischen Ländern entgegnet, diese mögen doch nach Frankreich kommen. "Warum können wir nicht mal so cool sein?", so Lindner. Man müsse auch bei uns die Einwanderungspolitik ändern und offen für ausländische Fachkräfte werden.
Und was ist nun mit Amazon? Kann respektive muss dieses reguliert werden? Ja, so Lindners klare Antwort. Aber dazu müsse man zuerst das Bundeskartellamt intellektuell und personell aufrüsten. Digitalisierung bleibt also weiterhin vor allem eine Mammutaufgabe.