Sport 2000
10.07.2014, 16:26 Uhr
Andreas Rudolf (Sport 2000): Quo vadis Outdoor?
Ist alles wirklich so schlecht? Haben wir alle in den letzten Jahren den Bogen nicht ein wenig überspannt?
Wollten und wollen wir zu viel? Auf diese und ähnliche Fragen hat der Geschäftsführer der deutschen Sport 2000, Andreas Rudolf, seine eigenen, ungeschminkten Antworten.
Quo Vadis Outdoor?!
Ist alles wirklich so schlecht?
Seit drei Jahren kommt bei mir immer wieder, rechtzeitig zur OutDoor-Messe, das gleiche Gefühl auf. Alle, die irgendetwas mit Outdoor zu tun haben, klagen über zu wenig Umsatz, zu wenige Innovationen und sehen das Ende der Ära Outdoor gekommen. Es werden die vielen neuen Marktteilnehmer und damit verbunden auch die fehlende Preissensibilität beklagt.
Die Industrie agiert wie in den guten alten Zeiten und geht immer noch davon aus, dass Karo unverwüstlich sei, dass eine ansatzweise gute Jacke auf jeden Fall über 300 EUR kosten muss, dass jeder weiß, was Wassersäule bedeutet, dass der Handel seine Order bereits im Juni für das Folgejahr schreiben will und dass jeder Kunde unbedingt zumindest einen Achttausender in seinem Leben besteigen muss. Und weil der Begriff Outdoor ja so toll besetzt ist, schreibt man am besten auch auf jedes Teil „Outdoor Equipment“ drauf. Damit Outdoor ja wirklich begehrlich bleibt ...
Haben wir alle in den letzten Jahren den Bogen nicht ein wenig überspannt? Haben uns die Jahr für Jahr immer zweistelligen Wachstumsraten blind und zu wenig sensibel und auch satt und zufrieden gemacht? Wollten und wollen wir zu viel?
Ich bin der Meinung, dass das, was im Moment passiert, eine für diese Zeit ganz normale Entwicklung ist. Es gibt Erlebnisbereiche und Branchen, die haben mit ganz anderen Herausforderungen zu kämpfen. Außenstehende schütteln mit dem Kopf, wenn sie unser Wehklagen hören. Wenn sie hören, dass ein Markt, der sich über mehr als zehn Jahre zweistellig entwickelte, jetzt totgeredet wird. Nur weil er nur noch um 3, 4, 5 % wächst. Sie können es nicht verstehen, wenn sie hören, dass ein Markt, der schon fast Generationen verändert hat und in Zukunft weiterhin verändern wird, auf einmal keine Perspektiven mehr haben soll.
Ist es nicht normal, dass sich Kräfte verschieben, auf Handels- wie auch auf Industrieseite?
Ich beklage auch die pauschale, oberflächliche Betrachtung dieses wichtigen Themas, und ich frage mich, ob hier ein paar Wenige dies ganz bewusst tun. Denn es ist nicht Outdoor generell, was sich negativ entwickelt und schon gar nicht die Lust daran, sich draußen zu bewegen, ja sogar zu wandern. Es ist im Detail nur ein Thema, und ich gebe zu ein wichtiges: das Thema Jacken!
Dieser wichtige Bereich ist kein Selbstläufer mehr und in diesem bedeutungsvollen Bereich haben sich auch alle zu lange auf Altbewährtes gestützt. Hier haben wir uns von anderen Marktteilnehmern und auch von Textiliten die Butter vom Brot nehmen lassen und haben eindeutig Trends und Entwicklungen verschlafen bzw. zu spät realisiert. Oder waren wir schlichtweg zu bequem, diese neue Entwicklung wahrhaben zu wollen? War doch alles so schön einfach.
Im Moment verliert Outdoor im Vergleich zum Vorjahr nicht.
Textilien, hier Jacken, werden sich erneut um 9 % negativ entwickeln. Sehr positiv verläuft alles, was das Thema Outdoor Schuhe betrifft. Warum? Weil es tolle innovative Marken und Modelle gibt. Ebenfalls positiv ist das Segment Hartware. Hier besonders Rucksäcke und Schlafsäcke, aber auch Equipment wie Seile und Karabiner etc. Ein Beweis, dass man sich sehr wohl weiterhin draußen bewegt.
Was die Lieferanten angeht, verlieren die vermeintlich großen.
Alle? Nein. Eine Firma wie Schöffel zum Beispiel scheint im Moment genau die richtigen Zeichen erkannt zu haben. Firmen, die in Preis-Leistung investiert haben, sind ebenfalls interessant. In dem Fall Campagnolo, aber auch Icepeak. Und das freut uns am meisten: Firmen, die spitz sind, die anders und auch besser sind, die eher klein und selektiv bleiben wollen und wo Qualität vor Wachstum geht. Ich darf hier Fjällräven und Deuter nennen. Es gibt aber noch andere schöne Beispiele, dass Größe nicht alles ist.
Es ist schön, wenn sich im Moment alle über das Thema Fußball freuen. Trotzdem wird für uns alle Outdoor mit all seinen Facetten und Möglichkeiten immer viel wichtiger bleiben. Wir alle gemeinsam müssen aber wieder viel sensibler mit unserem „Lieblingskind“ umgehen.
Wir brauchen nicht mehr, wir brauchen weniger. Wir brauchen nicht höher, wir brauchen „konsumiger“. Wir brauchen Neues, ohne das Alte zu verlieren. Wir brauchen Wertigkeit, aber nicht teuer. Und wir brauchen nicht früher, sondern zeitgerecht und kalkulierbar. Und wir brauchen Lieferanten und Händler, die das Thema mit Leidenschaft und neuen Ideen begleiten. So wie in der „guten alten Zeit“ früher. Keine Trittbrettfahrer und auch keine Wehklager.
Ich freue mich auf die anstehende Messe, und ich freue mich auf tolle Erlebnisse mit Ihnen und unserem Thema Outdoor auch in der Zukunft. Denn Erlebnisse sind noch wichtiger, als nur Ergebnisse.
Andreas Rudolf
Quo Vadis Outdoor?!
Ist alles wirklich so schlecht?
Seit drei Jahren kommt bei mir immer wieder, rechtzeitig zur OutDoor-Messe, das gleiche Gefühl auf. Alle, die irgendetwas mit Outdoor zu tun haben, klagen über zu wenig Umsatz, zu wenige Innovationen und sehen das Ende der Ära Outdoor gekommen. Es werden die vielen neuen Marktteilnehmer und damit verbunden auch die fehlende Preissensibilität beklagt.
Die Industrie agiert wie in den guten alten Zeiten und geht immer noch davon aus, dass Karo unverwüstlich sei, dass eine ansatzweise gute Jacke auf jeden Fall über 300 EUR kosten muss, dass jeder weiß, was Wassersäule bedeutet, dass der Handel seine Order bereits im Juni für das Folgejahr schreiben will und dass jeder Kunde unbedingt zumindest einen Achttausender in seinem Leben besteigen muss. Und weil der Begriff Outdoor ja so toll besetzt ist, schreibt man am besten auch auf jedes Teil „Outdoor Equipment“ drauf. Damit Outdoor ja wirklich begehrlich bleibt ...
Haben wir alle in den letzten Jahren den Bogen nicht ein wenig überspannt? Haben uns die Jahr für Jahr immer zweistelligen Wachstumsraten blind und zu wenig sensibel und auch satt und zufrieden gemacht? Wollten und wollen wir zu viel?
Ich bin der Meinung, dass das, was im Moment passiert, eine für diese Zeit ganz normale Entwicklung ist. Es gibt Erlebnisbereiche und Branchen, die haben mit ganz anderen Herausforderungen zu kämpfen. Außenstehende schütteln mit dem Kopf, wenn sie unser Wehklagen hören. Wenn sie hören, dass ein Markt, der sich über mehr als zehn Jahre zweistellig entwickelte, jetzt totgeredet wird. Nur weil er nur noch um 3, 4, 5 % wächst. Sie können es nicht verstehen, wenn sie hören, dass ein Markt, der schon fast Generationen verändert hat und in Zukunft weiterhin verändern wird, auf einmal keine Perspektiven mehr haben soll.
Ist es nicht normal, dass sich Kräfte verschieben, auf Handels- wie auch auf Industrieseite?
Ich beklage auch die pauschale, oberflächliche Betrachtung dieses wichtigen Themas, und ich frage mich, ob hier ein paar Wenige dies ganz bewusst tun. Denn es ist nicht Outdoor generell, was sich negativ entwickelt und schon gar nicht die Lust daran, sich draußen zu bewegen, ja sogar zu wandern. Es ist im Detail nur ein Thema, und ich gebe zu ein wichtiges: das Thema Jacken!
Dieser wichtige Bereich ist kein Selbstläufer mehr und in diesem bedeutungsvollen Bereich haben sich auch alle zu lange auf Altbewährtes gestützt. Hier haben wir uns von anderen Marktteilnehmern und auch von Textiliten die Butter vom Brot nehmen lassen und haben eindeutig Trends und Entwicklungen verschlafen bzw. zu spät realisiert. Oder waren wir schlichtweg zu bequem, diese neue Entwicklung wahrhaben zu wollen? War doch alles so schön einfach.
Im Moment verliert Outdoor im Vergleich zum Vorjahr nicht.
Textilien, hier Jacken, werden sich erneut um 9 % negativ entwickeln. Sehr positiv verläuft alles, was das Thema Outdoor Schuhe betrifft. Warum? Weil es tolle innovative Marken und Modelle gibt. Ebenfalls positiv ist das Segment Hartware. Hier besonders Rucksäcke und Schlafsäcke, aber auch Equipment wie Seile und Karabiner etc. Ein Beweis, dass man sich sehr wohl weiterhin draußen bewegt.
Was die Lieferanten angeht, verlieren die vermeintlich großen.
Alle? Nein. Eine Firma wie Schöffel zum Beispiel scheint im Moment genau die richtigen Zeichen erkannt zu haben. Firmen, die in Preis-Leistung investiert haben, sind ebenfalls interessant. In dem Fall Campagnolo, aber auch Icepeak. Und das freut uns am meisten: Firmen, die spitz sind, die anders und auch besser sind, die eher klein und selektiv bleiben wollen und wo Qualität vor Wachstum geht. Ich darf hier Fjällräven und Deuter nennen. Es gibt aber noch andere schöne Beispiele, dass Größe nicht alles ist.
Es ist schön, wenn sich im Moment alle über das Thema Fußball freuen. Trotzdem wird für uns alle Outdoor mit all seinen Facetten und Möglichkeiten immer viel wichtiger bleiben. Wir alle gemeinsam müssen aber wieder viel sensibler mit unserem „Lieblingskind“ umgehen.
Wir brauchen nicht mehr, wir brauchen weniger. Wir brauchen nicht höher, wir brauchen „konsumiger“. Wir brauchen Neues, ohne das Alte zu verlieren. Wir brauchen Wertigkeit, aber nicht teuer. Und wir brauchen nicht früher, sondern zeitgerecht und kalkulierbar. Und wir brauchen Lieferanten und Händler, die das Thema mit Leidenschaft und neuen Ideen begleiten. So wie in der „guten alten Zeit“ früher. Keine Trittbrettfahrer und auch keine Wehklager.
Ich freue mich auf die anstehende Messe, und ich freue mich auf tolle Erlebnisse mit Ihnen und unserem Thema Outdoor auch in der Zukunft. Denn Erlebnisse sind noch wichtiger, als nur Ergebnisse.
Andreas Rudolf