Marktplatz am Ende
25.09.2020, 08:16 Uhr
Rakuten Deutschland schließt seinen Marktplatz
Ab dem 15. Oktober nimmt Rakuten.de keine neuen Bestellungen mehr entgegen. Das teilte der Marktplatz heute seinen Händlern mit. Grund seien die "Herausforderungen, das Geschäft und die Plattform zu einer relevanten Marktpräsenz zu führen."
Über zehn Jahre hat der japanische Marktplatz-Riese Rakuten versucht, in Deutschland eine eigene Plattform zu etablieren. Jetzt wirft der ehemalige Amazon-Verfolger und die Nummer 5 unter den deutschen Online-Marktplätzen das Handtuch.
"Wir bedauern sehr, Ihnen heute mitteilen zu müssen, dass der Rakuten Marktplatz Rakuten.de für Kunden und Händler in Deutschland ab dem 15. Oktober keine neuen Bestellungen mehr entgegennehmen wird", teilte der Marktplatz seinen Händlern heute per E-Mail mit.
Die Entscheidung spiegle "die Herausforderungen, das Geschäft und die Plattform des Rakuten Marktplatzes in Deutschland zu einer relevanten Marktpräsenz zu führen, wider", heißt es zur Erklärung.
Auf Nachfrage von Internetworld.de bestätigte die Rakuten-Pressestelle die Schließung. Das Geschäftsmodell solle mit der Schließung des Marktplatzes auf die Open E-Commerce-Plattform Club R umgestellt werden, die einem Shopping-Club ähnelt, in dem sich Händler und Käufer begegnen. Ähnlich agiert Rakuten auch Großbritannien und Spanien.
"Auf unserer offenen E-Commerce-Plattform können unsere Kunden Angebote von Hunderten von Händlern und Marken durchstöbern und Rakuten Points sammeln, die sie gegen Filme auf Rakuten TV, Shoppingguthaben bei großen Marken und vieles mehr eintauschen können", erklärt Arjen van De Vall, President Europe bei Rakuten, das Prinzip. "Auf diese Weise wird die neue Plattform vollständig in unser Rakuten-Ökosystem integriert.“
Schließung trifft die meisten Händler völlig überraschend
Seine Handelspartner will Rakuten Deutschland bis 15. Oktober weiter bei der Bearbeitung von Bestellungen unterstüzen und den Übergang zum "direkten Händlersupport für Rücksendungen und Kundendienstanfragen" gewährleisten.
Die Schließung kommt für viele der rund 5.500 aktiven deutschen Händler völlig überraschend. Noch vor kurzem hatte Rakuten Deutschland neue Händler mit einem Einführungsangebot gelockt; in der Multichannel Rockstars-Gruppe berichteten einige Verkäufer, dass sie noch vor wenigen Tagen Einführungsgespräche mit dem Sales Team geführt hätten. Auch auf dem "MultichannelDay 2020" vor wenigen Tagen war Stefan Winter, Director Sales bei Rakuten Deutschland, dabei und warb unter den teilnehmenden Händlern für seinen Marktplatz. Rakuten habe sich in Deutschland etabliert, sagte er in seinem Vortrag, und sprach von 4,5 Millionen aktiven Nutzern.
Einige Händler beklagen die soliden Umsätze, die ihnen Rakuten als zusätzlicher Verkaufskanal bisher beschert hat. "Das wird mir schon weh tun", sagt beispielsweise der Werkzeughändler und Multichannel Rockstars-Gründer Michael Atug. "Zu einzelnen Aktionskampagnen habe ich auf Rakuten teilweise mehr Umsatz gemacht als auf eBay. Und auch zwischen den Aktionen kam über Rakuten immer ein stetiger Strom an Aufträgen rein. Ich bin wirklich geschockt, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hatte mir einiges erhofft. Rakuten hat viel probiert in den letzten Monaten. Nun fehlt uns allen ein interessanter Kanal. Ich sehe aktuell keinen anderen Marktplatz in Deutschland, der in diese Bresche springen könnte."
Im Zuge der Marktplatz-Schließung werden auch Kündigungen ausgesprochen werden. Wie viele Mitarbeiter gehen müssen, hat Rakuten aber noch nicht bekannt gegeben.