Logistik im Online-Handel
22.05.2018, 07:01 Uhr
Versandverpackungen: Nicht zu viel Luft verschicken
Angemessen große Verpackungen helfen nicht nur Kosten zu sparen, sie sorgen auch für zufriedene Kunden und sind gut für das Image und die Marke. Doch wie lassen sich Pakete optimieren?
Als eine Britin im Februar einen Gürtel bei Amazon bestellte, staunte sie nicht schlecht bei dessen Anlieferung: Das Paket, in dem der Artikel angeliefert wurde, war fast genauso groß wie sie selbst. Ihr Cousin twitterte daraufhin: "Könnte bitte jemand von @Amazon erklären, warum so viel Verpackung nötig ist, um EINEN GÜRTEL an meine Cousine zu schicken?! Wie viele Bäume mussten hierfür leiden?" Der Tweet mit dem Foto vom Gürtel im Riesenkarton machte alsbald im Internet die Runde und wurde auch von deutschen Medien, etwa der "Bild" und der "Berliner Zeitung" aufgegriffen.
Verbraucher schätzen es überhaupt nicht, wenn ihre Bestellungen in zu großen Kartons angeliefert werden - vor allem dann nicht, wenn sie Versandkosten bezahlen müssen. Sie legen Wert auf umweltfreundliche Verpackungen und dazu gehört auch eine angemessene Größe. Laut dem "Consumer Barometer Verpackung" des Wirtschaftsprüfungsunternehmens KPMG wünschen sich 91 % der befragten Konsumenten, dass Shops ihre Versandverpackungen auf das Nötigste reduzieren.
"Das Versenden von Produkten in überdimensionierten Verpackungen mit Unmengen von Füllmaterial belastet nicht nur die Umwelt, sondern auch die Bilanz der Händler, und es frustriert den Konsumenten", sagt Isabel Rocher, Head of E-Commerce beim Verpackungsspezialisten DS Smith. Vor allem das Füllmaterial sei dem Produktschutz nicht zuträglich, denn "es erhöht das Risiko von Transportschäden, da die Ware oft nicht sachgemäß in Papier, Luftpolsterfolie und Co. eingelegt wird. Infolgedessen ist der Druck auf das Transportgut bei Paketstürzen oder Stößen, wie sie in den Sortierzentren der Kurierdienste zur Tagesordnung gehören, extrem hoch", so Rocher.
Geeignete Verpackungen haben viele Vorteile
Perfekt dimensionierte Transportverpackungen haben also jede Menge Vorteile: Obwohl weniger Füllmaterial nötig ist, schützen sie die Ware besser beim Versand, da sie weniger Bewegungsspielraum bieten und so Stöße vermieden werden. Lediglich besonders empfindliche Produkte wie Gläser sollten dennoch mit geeignetem Material gepolstert werden. Hier ist aber eine Spezialverpackung oft die beste Lösung. Und wer weniger Füllmaterial braucht, spart Kosten und Arbeitszeit, schont die Umwelt und sorgt für zufriedene Kunden.
So ist es kein Wunder, dass nach der EHI-Studie "Versand- und Retourenmanagement im E-Commerce" knapp die Hälfte der befragten Online-Händler an der Optimierung des Produktschutzes arbeitet. 37 % beschäftigen sich aktuell damit, das Größenverhältnis zu optimieren, um ungenutzte Zwischenräume möglichst zu vermeiden.
Individuell anpassbare Verpackungen
Wie lässt sich das Verpackungsportfolio nun so optimieren, dass es genauer zum Sortiment passt? Online-Händler können Kartons in verschiedenen Größen vorhalten, doch das kostet zunächst einmal Lagerplatz -und auch Geld, da seltener Mengenrabatte in Anspruch genommen werden können. Isabel Rocher von DS Smith rät: "Kartons in verschiedenen Größen empfehlen sich, wenn ein Händler eine überschaubare Anzahl verschieden großer Produkte oder Warenkörbe versendet. Verfügt ein Händler über eine Vielzahl unterschiedlicher Produktgrößen oder -kombinationen, lohnt sich der Wechsel auf Verpackungslösungen, die individuell an das jeweilige Produkt beziehungsweise den jeweiligen Warenkorb angepasst werden können."
Das Spektrum an den Bedarf anpassbarer Verpackungslösungen reicht von höhenverstellbaren Schachteln bis zu komplexen Verpackungsmaschinen, die im Lager des Händlers aus Endloswellpappe einzelne Kartons in der gewünschten Größe fertigen. Händlern, die Lösungen für solche Maßkartons nutzen, empfiehlt Stefan Lerchner, Marketingleiter von Dinkhauser Kartonagen, unbedingt darauf zu achten, dass möglichst keine Handarbeit wie etwa Schneiden nötig ist: "Die Handhabung muss einfach und ohne Werkzeuge funktionieren."
Kombination aus Fertig- und Maßkartons
Manchmal ist eine Kombination verschiedener Techniken die beste Lösung: "Bei einer Vielzahl unterschiedlicher Packgüter ist es sinnvoll, die einzusetzenden Kartongrößen differenziert zu betrachten", sagt Florian Kühne von Smurfit Kappa, einem Anbieter von Verpackungslösungen. Für die "Hauptläufer", also häufig versendete Produkte oder Produktkombinationen, empfiehlt Kühne vorgefertigte Standardkartons.
Wenn Shops nur kleinere Mengen mit abweichenden Abmessungen benötigen, zum Beispiel in der Startphase, ist seiner Ansicht nach die maschinelle Variante mit Endloswellpappe am besten. Wächst der Shop, kann der Händler dann umsteigen: "Ab einem gewissen Volumen lohnt es sich auch, individuelle Verpackungen vom Designer entwickeln zu lassen."
Eine Faustregel, ab welchem Volumen sich dies rechnet, gibt es allerdings nicht. Hier spielen Faktoren wie etwa Art der Produkte, Warenkorbgröße, Höhe der ermittelten Versandkosten oder auch ein Verpackungs-Branding eine Rolle.
Mit Augmented Reality zur richtigen Größe
Inzwischen testen einige Unternehmen Augmented-Reality-Anwendungen, um die richtige Verpackungsgröße zu finden. iPhone-Besitzer etwa können mit der Smartphone-App von Hermes das zu versendende Objekt ausmessen, die Paketgröße ermitteln und anschließend den Paketschein erstellen. Auch DHL hat eine iPhone-App entwickelt, die die richtige Paketgröße per Augmented Reality bestimmt.
In den USA hat Ebay unlängst ein neues AR-Feature für Online-Händler ausgerollt. Die Ebay-App wurde mit Hilfe der Augmented-Reality-Plattform "AR Core" von Google entwickelt. Mit der App lassen sich virtuelle Pakete in verschiedenen Größen über den Gegenstand legen, der verschickt werden soll.
Autor(in)
Bärbel
Edel