Kolumne: Gipfelbuch
05.06.2018, 09:22 Uhr
Wie gelingt Nachhaltigkeit?
Industrie und Handel werden seit Jahren nicht müde, „Nachhaltigkeit“ zu bekunden, wenn sie ein ressourcenschonendes, faires und zukunftsorientiertes Unternehmensbild zu vermitteln versuchen. Doch warum hinken viele Unternehmen immer noch hinterher?
Häufig erscheinen beeindruckend bebilderte Beiträge in Fachmagazinen, wenn Nachhaltigkeitspreise gewonnen oder Zertifikate verteilt werden. Doch wie wird Nachhaltigkeit in Unternehmen gelebt, wenn die Kameras verschwunden sind? Wie engagiert können sich Nachhaltigkeitsbeauftragte für weitere Verbesserungen im Produktions- und Vertriebsprozess einsetzen, wenn das Tagesgeschäft andere Prioritäten diktiert?
Die inflationäre Verwendung des Begriffs „Nachhaltigkeit“ hat zum Verlust seiner Aussagekraft geführt. Medienberichte über Sweatshops in den Entwicklungs- und Schwellenländern tragen zum Glaubwürdigkeitsverlust bei. Wenn Löhne unterhalb des Existenzminimums, mangelnde Arbeitsschutzmaßnahmen und fehlende soziale Absicherungen der Arbeiterinnen in direktem Kontrast zum proklamierten „grünen“ Image der Marken stehen, braucht es mehr als kluge Marketing-Kampagnen, um glaubhaft zu machen, dass Nachhaltigkeit nicht nur eine leere Phrase ist.
Laut Definition umfasst Nachhaltigkeit die gesamte Wertschöpfungskette eines Produkts: Planung, Produktion, Vertrieb und Entsorgung (oder Recycling) am Lebensende. Auch Zulieferer, Transportwege und Veredelungsprozesse müssen unter die Lupe genommen werden, will man sich ein grünes Gütesiegel sichern. Diese Komplexität ist der Grund, warum vor allem konzerngesteuerte Marken beim Thema Nachhaltigkeit noch hinterherhinken. Wollen sie von Nachhaltigkeit sprechen, braucht es ein ganzheitliches Verständnis des Begriffs, der vom Empfang bis zur Führungsetage verstanden und gelebt wird, und zwar dauerhaft.