Strukturelle Probleme
08.09.2022, 14:00 Uhr
08.09.2022, 14:00 Uhr
Schuhhändler Görtz meldet Insolvenz an
Ukraine-Krieg, schwindende Konsumlaune, Schwierigkeiten mit der Kostenstruktur: Der Hamburger Schuhhändler Görtz steckt in der Krise und hat am Dienstag Insolvenz in Eigenregie beantragt. Momentan läuft der Betrieb in den Filialen und online normal weiter.
Die Geschäftsführung der Ludwig Görtz GmbH hat am 06.09.2022 beim Amtsgericht Hamburg einen Antrag auf Einleitung eines Schutzschirmverfahrens für sich und gleichzeitig für die beiden operativen Tochterunternehmen Görtz Retail GmbH und Görtz Logistik GmbH jeweils Anträge auf Anordnung einer Eigenverwaltung gestellt. Das geht aus einer Pressmitteilung des Unternehmens hervor. Weiter heißt es: "Mit den gerichtlichen Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung will sich die Görtz-Gruppe konsequent restrukturieren und zukunftssicher aufstellen."
Als Gründe für die Insolvenz nennt die Görtz-Geschäftsführung den Ukraine-Krieg und dessen negative Folgen: Gestiegene Energiekosten, starke Inflation, daraus resultierend der Zusammenbruch der Kauflaune bei der Kundschaft. Görtz betreibt neben rund 160 Filialen auch ein Online-Portal, das 2021 sogar zum Online-Marktplatz für Schuhmode ausgebaut wurde.
Löhne erst einmal gesichert
Von der Insolvenz betroffen sind rund 1.800 Mitarbeiter, deren Löhne bis November von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt werden sollen. Ab Dezember will Görtz sich so weit konsolidieren, dass das Unternehmen seine Belegschaft wieder selbst bezahlen kann. Die Geschäftsführung um Frank Revermann (CEO) und Tobias Volgmann (CFO) bleibt im Amt und ist weiterhin handlungs- und weisungsbefugt. Während die Geschäftsführung unter Aufsicht von zwei vorläufigen Sachwaltern an einem Sanierungskonzept arbeitet, soll der Geschäftsbetrieb uneingeschränkt weiterlaufen.
Corona-Pandemie brachte Verluste
Das 1875 gegründete Traditionsunternehmen Görtz hatte schon in der Corona-Pandemie massiv gelitten und 2021 vom Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) des Bundes eine Kapitalspritze über 28 Millionen Euro erhalten. Der Umsatz war 2020 um 20 Prozent auf unter 200 Millionen Euro eingebrochen, der Verlust stieg auf über 36 Millionen Euro. Das führte im Herbst 2020 offenbar auch zum Rückzug des Finanzinvestors Afinum, der 2014 40 Prozent der Geschäftsanteile übernommen hatte. Die Mehrheit der Anteile hält nach wie vor die Gründerfamilie.
Autor(in)
Frank
Kemper