Inflation kein Argument
17.10.2023, 09:00 Uhr
Ifo-Chef Fuest warnt vor Anstieg des Mindestlohns auf 14 Euro
Clemens Fuest, Präsident des Münchner Wirtschaftsinstituts Ifo, spricht sich gegen eine Erhöhung des Mindestlohnes von 12 auf 14 Euro aus.
Als die Politik den gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland einführte, warnten Kritiker, dass dieser zum Gegenstand eines Überbietungswettbewerbs in Wahlkämpfen werden könne. Die Lösung war eine aus Vertretern von Gewerkschaften und Arbeitgebern gebildete Kommission, die Mindestlohnerhöhungen vorschlägt und sich dabei am Tariflohnindex orientiert. Der Mindestlohn sollte der allgemeinen Lohnentwicklung folgen, nicht umgekehrt, und einige Jahre ging das auch gut. Im Bundestagswahlkampf 2021 aber – der Mindestlohn lag bei 9,60 Euro – forderten einige Parteien einen Anstieg auf 12 Euro. Die Ampelkoalition setzte diese Forderung 2022 um.
Direkter Eingriff der Politik unerwünscht
Clemens Fuest sagt: „Umso befremdlicher sind aktuelle Vorstöße aus Politik und Gewerkschaften, den Mindestlohn auf 14 Euro hochzuschrauben. Wenn die Regierung hier erneut eingreift, wäre die vernünftige Idee, den Mindestlohn aus der Tagespolitik herauszuhalten, endgültig gescheitert. Und die Kommission würde zur Farce. Gibt es triftige Gründe, das in Kauf zu nehmen? Befürworter der 14 Euro verweisen auf die hohe Inflation. Und es stimmt, dass bei einer Orientierung am Tariflohnindex der Inflationsausgleich erst mit Verzögerung beim Mindestlohn ankommt. Doch einen Anstieg auf 14 Euro rechtfertigt das nicht, wie ein einfaches Rechenbeispiel zeigt.“
Mindestlohn steigt stärker als die Inflation
Seit Januar 2021 hat die Inflation zugenommen, 2023 ist ein Wert von rund 6 Prozent zu erwarten. Die Tariflöhne dürften in ähnlichem Umfang steigen. In diesem Fall hätten die Tariflöhne von Anfang 2021 bis Ende 2023 um rund 10 Prozent zugelegt und die Verbraucherpreise um 19 Prozent. Der Mindestlohn von aktuell 12 Euro ist hingegen um 26 Prozent gestiegen, also noch stärker als die Inflation. Bei den geforderten 14 Euro würde der Anstieg gegenüber Anfang 2021 sogar 47 Prozent betragen. „Mit einem Inflationsausgleich ist das nicht zu rechtfertigen“, so Fuest.
Zwar ließe sich argumentieren, steigende Löhne seien wegen der Fachkräfteknappheit erforderlich. In der aktuellen Krisensituation ist allerdings unklar, ob die Knappheit überall anhält. Ist das nicht der Fall, wachsen bei starken Mindestlohnerhöhungen auch die Risiken von Arbeitsplatzverlusten.