Interview mit Marketingchef Henning Strauss 14.07.2023, 07:00 Uhr

Engelbert Strauss: Wie die Marke Kult wurde - und es bleibt

Vor rund zwei Jahren startete Engelbert Strauss seinen Markenrelaunch. Dass die Marke enorm an Beliebtheit zugelegt hat und neue Zielgruppen - zum Beispiel im Bereich Outdoor - erobert hat, ist auch Marketingchef Henning Strauss zu verdanken.
(Quelle: Engelbert Strauss)
Nach dem Relanuch hat Engelbert Strauss enorm an Beliebtheit zugelegt hat und neue Zielgruppen erobert hat. Marketingchef Henning Strauss erklärt im Interview, wie aus der Berufsbekleidungsmarke eine Kultmarke geworden ist.
Mit Strauss haben Sie den Shift von einer Berufsbekleidungsmarke hin zu einer Kultmarke geschafft, die auch andere Zielgruppen, etwa Outdoor-Fans, anspricht. Welche Strategie haben Sie dafür umgesetzt, was ist Ihr Erfolgsrezept?

Henning Strauss: Kultmarke kann nur sein, wer das Markenmanagement im Unternehmen hoch aufhängt. Bis hin zu letzten Details muss die Marke spürbar und auf allen Touchpoints erlebbar sein. Je mehr das umgesetzt wird, desto mehr kann es gelingen, die Marke mit Bedeutung und einer hohen Erlebnisqualität aufzuladen. Denn um Emotion zu erzeugen, muss man Erlebnisse schaffen - und scheinbar unbedeutenden Details Raum geben.

Vereinfacht ausgedrückt: Marke programmiert Gefühle auf ein Logo. Sie aktiviert alle Sinne - in starken Bildern, taktil, auditiv, online, offline. Natürlich muss auch das entsprechende Produkt vorhanden sein. Nur eine schöne Verpackung reicht hier nicht aus. Markenmanagement ist vielleicht das Management-Tool überhaupt. Marke malt eine Vision der Zukunft, die im Idealfall so anziehend wirkt, dass sich die gesamte Organisation darauf zu bewegt. Ich spreche gern von Leadership by Branding.

"Unsere Familie ist extrem konsensfähig"

Wie kann man sich die Umsetzung eines Markenrelaunchs in einem familiengeführten Unternehmen vorstellen?

Strauss: Es liegt in der Natur von Familienunternehmen, dass deren Mitglieder eine sehr persönliche Beziehung zu Logo und Markenclaim haben. Das Logo wird nicht selten zum Familienwappen - und nimmt dadurch einen starken Einfluss auf die Familie selbst. Schließlich steht man mit seinem Namen dafür ein, und so auch für die Werte des Unternehmens. Die Veränderung des Erscheinungsbildes ist deshalb ein sehr emotionales Thema. Ein Relaunch ist bestenfalls eine gemeinsame Entscheidung.

Unsere Familie ist extrem konsensfähig, weshalb wir bei solchen Fragen schnell zu einem Ergebnis kommen. Ich kann nur empfehlen, im Idealfall alle Familienmitglieder in eine solche Entscheidung einzubeziehen. Denn Marke braucht Konsistenz und eine gemeinsame Basis. Dennoch muss es einen Entscheider geben, der es sich als Aufgabe setzt, den neuen Markenauftritt in allen Bereichen zu implementieren. Das war im Falle von Strauss ich selbst.
Die Erweiterung der Produktrange war sicherlich eine große Sache … welche Prozesse stehen dahinter?

Strauss: Es kommt immer darauf an, welche Chancen sich im Markt bieten, was der Kunde nachfragt oder sich beispielsweise als funktionale Ergänzung wünscht. Aus Markensicht geht es darum, Produkte zu schaffen, die die Marke zusätzlich emotional aufladen. Ein Beispiel ist die Erweiterung der Produktrange um Kollektionen für Kinder. Sie sind gewissermaßen Sympathieträger und Markenbotschafter. Im Fall des Cargo-Konfigurators vertieft es die Interaktion mit Strauss. Sozusagen ein Meet and Greet mit der Marke. Der Kunde entscheidet bei uns selbst über die Optik seiner Strauss Arbeitshose oder wie er die Taschen anordnen möchte. Das hat schon etwas von einer persönlichen Beziehung. Und führt damit zu einer noch stärkeren Identifikation mit der Marke.
Wie setzen Sie das Thema Design im Unternehmen um?

Strauss: Marke wird bei Strauss seit jeher von innen heraus gelebt. Wir haben ein Inhouse-Team, welches die wichtigsten Kreativdisziplinen vereint. Gemeinsam mit den Fachabteilungen und externen Partnern werden dann neue Produkte oder andere Komponenten der Markenarbeit entwickelt und produziert. Sich stetig neu zu erfinden, ist Teil unseres Markenkerns.
Das Thema Handwerk steht bei Ihren Produkten stets im Vordergrund. Wie integrieren Sie das in Ihre Markenarbeit?

Strauss: Die Strauss Arbeitshose mit ihren Taschen ist für viele die analoge Benutzeroberfläche. Hier geht es vor allem um Arbeitstauglichkeit. Und das Ganze in einem kontemporären Design. Unsere Produkte sind eine Hymne aufs Handwerk. Deshalb gehen wir liebevoll mit Details um: von der Deckenbeleuchtung in unseren Stores, die aus Werkzeugen besteht, bis hin zur Möglichkeit, sich die Arbeitshose selbst zu gestalten. Darin steckt unser Glaube an die Branche, der wir mit unseren Produkten Wertschätzung entgegenbringen.

"Digitale Kompetenz steht bei Strauss über allem"

Sie haben vor vielen Jahren mit einem Katalog gestartet. Welche Rolle spielt heute Online-Marketing für Sie? Was hat sich verändert?

Strauss: Wir gehören zu Deutschlands führenden Online-Playern und schätzen die Vorzüge des Online-Marketings: starke Segmentierung der Zielgruppen, hohe Interaktivität, präzise Steuerung unserer Werbebotschaften, gezielte Analyse der Kampagnen. Digitale Kompetenz steht bei Strauss über allem. Dennoch haben wir einen fast romantischen Bezug zu unseren Printmedien und spüren, dass viele unserer Kunden diese analoge Sehnsucht teilen. Für uns ist der Katalog Kult. Und da unsere Kundinnen und Kunden das auch so sehen, ist er immer noch Lieblingslektüre in Werkstätten und Schrauberkellern - und heute wohl sogar am Kaffeetisch und in Kinderzimmern.
Könnte es für Sie in Zukunft interessant sein, auch über Händlerplattformen Ihre Produkte zu vertreiben?

Strauss: Ein Verkauf über Händlerplattformen ist in unserer Produktkalkulation aktuell nicht vorgesehen.
Versandhandel ist bei Ihnen nicht alles. Es gibt auch noch Workwearstores…

Strauss: Den ersten Flagship Store haben wir 2010 eröffnet. Die Strauss Workwearstores sind Erlebniswelten und unsere Hommage ans Handwerk. Die Wertschätzung für die Branche zeigt sich in jedem Detail. Neben dem Online-Geschäft werden wir auch in Zukunft dabei bleiben, unsere Produkte live und in Farbe zu präsentieren. Denn Handwerk ist haptisch, greifbar, griffig. Ergänzt haben wir dieses Konzept durch Pop-up-Stores in europäischen Metropolen. Momentan arbeiten wir an einem Pop-up-Store für Kids in der Frankfurter My Zeil, der im September eröffnen wird.
Unternehmerisch tätig zu sein, heißt auch gesellschaftliche Verantwortung zu tragen: Wie integrieren Sie das Thema Nachhaltigkeit in Ihre Markenarbeit?

Strauss: Arbeitskleidung als solches ist per se nachhaltig, da ein zentrales Versprechen ihre Langlebigkeit ist. Das Umfeld, in dem unsere Produkte entstehen, ist für uns daher mehr als bedeutsam. Unserer Überzeugung Ausdruck verleihen wir mit besonderen Projekten in Bangladesch, einem unserer wichtigsten Produktionsländer: mit der CI Factory Chattogram, unserem Design- und Entwicklungscampus für Berufskleidung im Süden des Landes, der Implementierung des weltweit ersten Lehrstuhls für Nachhaltigkeit und textile Innovation an der Ahsanullah University in Dhaka oder dem Bau einer Schule gemeinsam mit Don Bosco Mission.
Wir engagieren uns aber auch hier vor Ort. In Nordhessen schützen wir beispielsweise 1000 Baumriesen. In unserem Sozialbericht sprechen wir jährlich über unser Engagement, auf bewusst nicht-werbliche Weise. Dies führt zu einem tieferen Verständnis unserer Arbeit und stärkt das Vertrauen in unser Unternehmen.
 
In Deutschland sind Sie als DIE Marke für Berufsbekleidung bekannt. Auch im Ausland sind Sie sehr aktiv, man kann Strauss guten Gewissens als internationale Marke bezeichnen. Gibt es hier signifikante Unterschiede in der Markenarbeit?

Strauss: Zwar unterscheidet sich die Arbeitswelt von Land zu Land. Aber wir sind immer wir. Strauss ist Strauss – egal ob an Main oder Mekong.
Sie sind mit Ihrer Marke stark im Bereich Kooperationen und Sponsorings national wie international aktiv. Erzählen Sie uns etwas dazu…

Strauss: Bei Live-Sportevents erreichen wir eine sehr große Zielgruppe auf einen Schlag, denn viele unserer Kunden sind große Sportfans. Im Laufe der Jahre hat Strauss viele spannende Kooperationen mit tollen Partnern gelauncht: UEFA und DFB, die Stuntmen´s Association in Hollywood, der FC Bayern München, die Nationalmannschaften der Männer und Frauen im Fußball, Metallica, die Kansas City Chiefs, Nintendo oder zuletzt die Produktionscrew am Set von Fast & Furious. Wir setzen seit rund 15 Jahren in unseren Werbeproduktionen auf starke Bilder und die große Leinwand. Durch mein Studium in Los Angeles habe ich eine persönliche Verbindung und Liebe zur Film- und Entertainmentbranche.
Strauss ist also immer für eine verblüffende Überraschung gut - auf was dürfen wir uns als Nächstes freuen?

Strauss: (lacht) Mir würde es gefallen, die Crew der Mission zum roten Planeten auszustatten.
Der Artikel erschien zuerst bei unserer Schwesterpublikation W&V.

Redaktion Werben und Verkaufen
Autor(in) Redaktion Werben und Verkaufen



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