Schutzschirmverfahren eingeleitet
02.04.2020, 11:58 Uhr
Erstes großes Corona-Opfer: Galeria Karstadt Kaufhof
Corona schickt Galeria Karstadt Kaufhof auf die Intensivstation: Der Warenhauskonzern hat ein Schutzschirmverfahren eingeleitet, das gilt auch für die Tochtergesellschaft Karstadt Sports, nicht aber für SportScheck.
Die Signa-Tochter Galeria Karstadt Kaufhof hat aufgrund der Umsatzausfälle durch die Corona-Krise vor dem Amtsgericht Essen einen Antrag auf Einleitung eines Schutzschirmverfahrens gestellt, der bereits vom Gericht genehmigt wurde. Das Schutzschirmverfahren schützt in die Krise geratene Unternehmen vor dem Zugriff der Gläubiger, ohne dass die Betriebe bereits Insolvenz anmelden müssen. Im Gegensatz zur Karstadt-Insolvenz unter dem Dach von Arcandor im Jahr 2009 behält diesmal die Geschäftsführung die Kontrolle, sie kann das Unternehmen in dieser Zeit weiterführen und sanieren. Der Restrukturierungsexperte Arndt Geiwitz soll als Generalbevollmächtigter und Frank Kebekus als Sachwalter das Management dabei unterstützen. Auch Intersport hatte vor einigen Monaten dieses Verfahren bei seiner Sanierung von Sport Voswinkel genutzt. „Ziel des Schutzschirmverfahrens in Eigenverwaltung ist die Nutzung bestehender rechtlicher Möglichkeiten, um die behördlich angeordneten Filialschließungen und die damit verbundenen hohen Umsatzausfälle ohne eine massive Neuverschuldung zu bewältigen“, erklärt die Essener Zentrale. Galeria Karstadt Kaufhof ist genauso wie Karstadt Sports und die neueste Akquisition SportScheck bei Signa innerhalb der sogenannten Signa Department Store Group organisiert. Während Karstadt Sports mit seinen 30 Sporthäusern ebenso wie Galeria Karstadt Kaufhof mit seinen 153 Sportabteilungen in insgesamt 180 Warenhäusern unter den Schutzschirm flüchtet, ist SportScheck nicht von dieser Insolvenzform betroffen.
Es ginge darum, Galeria zu schützen: Die harten wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise für den innerstädtischen Non-Food-Handel und die langwierige Umsetzung staatlicher Hilfe über die Hausbank hätten diesen Schritt laut der Signa-Tochter notwendig gemacht. „Das Schutzschirmverfahren ist der richtige Schritt in die Zukunft. Aus Verantwortung für das Unternehmen, seine Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und auch für die deutschen Innenstädte“, erklärt Miguel Müllenbach, CFO von Galeria Karstadt Kaufhof:
Mit Beginn der Krise Anfang März sei der Umsatz dramatisch zurückgegangen. Seit dem 18. März sind auf behördliche Anordnung hin sämtliche Warenhäuser geschlossen. Jede Woche verliert Galeria Karstadt Kaufhof laut eigenen Angaben dadurch mehr als 80 Mio. Euro Umsatz, während wesentliche Kosten weiterlaufen. Bis Ende April werde sich der Umsatzausfall auf mehr als eine halbe Milliarde Euro summieren.
Bereits vor dem Schutzschirmantrag hatte das Unternehmen bereits mitgeteilt, fällige Mietzahlungen wie auch Überweisungen an Lieferanten während der Corona-Pandemie auszusetzen. Signa ist nicht nur Eigner und Betreiber von Galeria, sondern an vielen Standorten auch Vermieter, wenngleich die Mehrheit der Immobilien externen Eigentümern gehören. Zwar bemühte sich der Konzern in den vergangenen Wochen bereits um staatliche Hilfen, doch erwies sich eine Einigung mit den Geschäftsbanken schwieriger als erhofft. „Wir haben uns ab dem ersten Tag des Shutdown mit aller Kraft auch um die versprochene staatliche Hilfe bemüht“, so Müllenbach. „Wir wertschätzen die Zusagen der Politik für Unternehmen in dieser historischen Krise sehr, sie sind unverzichtbar. In der Umsetzung der staatlichen Garantien kommt jedoch den Geschäftsbanken die entscheidende Rolle zu. Dieser Prozess ist sehr bürokratisch, kostet wertvolle Zeit, ist mit zusätzlichen Hürden verbunden – und hat deshalb einen ungewissen Ausgang. Dies zeigten die Gespräche mit unserer langjährigen Hausbank. Auf eine Lösung können wir aber nicht noch weitere Wochen der Krise warten, sondern müssen jetzt handeln.“
Zur Neuausrichtung der innerstädtischen Warenhäuser von Galeria Karstadt Kaufhof hatte Gesellschafter Signa in den letzten Monaten bereits mehr als 500 Mio. Euro investiert und jüngst zusätzlich zur Unterstützung des Unternehmens noch einmal weitere 140 Mio. Euro überwiesen. Im Schutzschirmverfahren werde die langjährige Geschäftsführung die Restrukturierung nun fortsetzen und das Unternehmen zukunftsfähig neu aufstellen. Der Gesellschafter werde weiter wie bisher zu seiner Verantwortung stehen und zusätzliche Beträge in dreistelliger Millionenhöhe zur Verfügung stellen, versichert die Zentrale. „Die Sanierung und Zusammenführung der Warenhäuser von Galeria Karstadt Kaufhof war vor dieser Krise auf einem sehr guten Weg“, erklärt der CFO. „Wir haben uns dieser historischen Aufgabe gestellt und sehr hart daran gearbeitet, dem Warenhaus in der deutschen Innenstadt eine langfristige Zukunft zu geben. Digitalisierung, moderne Logistik, Cross-Channel, neue Sortimentsformate – auf vielen Feldern haben wir in wenigen Monaten enorme Fortschritte erzielt. Unser Unternehmen war durch die Beiträge unseres Gesellschafters de facto schuldenfrei, die eingeleiteten Maßnahmen zeigten Wirkung. Das Unternehmen hatte sich durch den Zusammenschluss von Karstadt und Galeria Kaufhof zukunftsfähig neu konstituiert. Für das laufende Geschäftsjahr rechneten wir wieder mit einem Ebitda von mehr als 100 Mio. Euro. Nun tun wir unter dem Schutzschirm alles dafür, dass wir diesen Weg weitergehen können. Das werden wir auch schaffen!“
Galeria Karstadt Kaufhof betont, dass es ihnen bei dieser Maßnahme vor allem um die 28.000 Mitarbeiter gehe, aber auch um zehntausende Arbeitsplätze bei langjährigen Lieferanten, Dienstleistern und Partnern. Miguel Müllenbach erklärt: „Unsere Mannschaft ist bereit, bei Wiedereröffnung der Häuser sofort wieder für unsere außergewöhnlich treuen Galeria-Karstadt-Kaufhof-Kunden da zu sein. Wir wollen und werden auch in Zukunft einen entscheidenden Beitrag für den Fortbestand lebendiger Innenstädte in Deutschland leisten.“