Umgang mit retournierter Ware 12.10.2022, 12:00 Uhr

Trotz verschärftem Kreislaufwirtschaftsgesetz: Amazon vernichtet weiter Retouren

Amazon wirft systematisch retournierte Ware weg. Das haben Untersuchungen des ZDF-Formats "Frontal", sowie von Greenpeace ergeben. Der Handelskonzern bemüht sich nach eigener Aussage, künftig mehr Waren zu recyclen.
(Quelle: Shutterstock / Photix)
Amazon soll eines Berichts von Business Insider zufolge systematisch erneut neuwertige oder neue Ware vernichten, die retourniert wurde. Dies geschieht offenbar im großen Stil. Bereits 2018 hatte das ZDF-Magazin "frontal" die Warenvernichtung durch Amazon aufgedeckt. Damals hatte der Konzern versprochen, in Zukunft mehr Retouren zu recyclen, statt sie wegzuwerfen.
 
Dies waren jedoch womöglich nur Lippenbekenntnisse, denn das Unternehmen setzt seinen Kurs unbeirrt fort, wie es in dem Bericht heißt. Die Vernichtung von Waren werde mit Begriffen wie "Aufbereitung" oder "Remove" betitelt.
 
Dies ändert freilich nichts daran, dass Produkte im Wert von teilweise vierstelligen Beträgen in den Müll wandern: unter anderem Laptops, Keyboards oder andere elektronische Geräte sowie eine große Anzahl an Textilien wie etwa Baby-Decken. Ein interner Bericht geht von etwa 1840 Tonnen vernichteten Produkten allein in Deutschland aus.

Rechtfertigung von Retourenvernichtung

Eine Amazon-Sprecherin betonte, dass die Hälfte der von Amazon verkauften Ware von Drittanbietern stamme. Die Produkte gehörten nicht dem Konzern; deshalb liege es an den Partnerunternehmen, über die weitere Verwendung der Ware zu entscheiden. Zudem gebe es Produkte, die nicht verkauft oder gespendet werden könnten; diese würde Amazon recyclen. Im vergangenen Jahr habe der Konzern mehr als eine Million Produkte an gemeinnützige Organisationen gespendet, so die Sprecherin.
Der Konzern schreibt auf seinem Blog dazu: "Bei den meisten Produkten, die dem Recycling oder der energetischen Verwertung zugeführt werden, handelt es sich um unverkaufte oder zurückgegebene Produkte von Verkaufspartnern, und obwohl wir neue und einfachere Möglichkeiten für Verkaufspartner schaffen, liegt die endgültige Entscheidung darüber, wie diese Produkte verwaltet werden, bei den Verkaufspartnern."
Um das Recycling von Amazon-Produkten kümmert sich das Unternehmen Retextil. Bei Untersuchungen durch Greenpeace kam heraus, dass auch diese Firma offenbar neuwertige Textilien vernichtet.

Steuer macht Sachspenden unrentabel

Der Umgang mit Retouren ist für viele Unternehmen schwierig, denn auf Spenden werden in Deutschland Steuern erhoben. Deshalb ist es für die Firmen günstiger, retournierte Ware zu vernichten als sie zu spenden.
Die Finanzbehörden der Länder haben vergangenes Jahr bereits die Umsatzsteuer angepasst, sodass Sachspenden weniger teuer ausfallen. Die Steuer wurde für die meisten Spenden abgesenkt und entfällt in manchen Fällen ganz. Aufgrund verbindlicher EU-Vorschriften ist eine vollständige Abschaffung der Umsatzbesteuerung der Spenden jedoch im Moment nicht möglich.

Gesetzliche Grundlage

Vor einigen Jahren hatte das Bundesumweltministerium das Kreislaufwirtschaftsgesetz zugespitzt. Demnach sind Unternehmen verpflichtet, die Lagerung, den Transport und eingehende Retouren von Waren so einzurichten, dass die Produkte möglichst lange gebrauchsfähig bleiben. So sollte der massenhaften Produktvernichtung ein Riegel vorgeschoben werden.
Das Problem: Das Gesetz hat momentan nicht die gewünschte Wirkung, denn derzeit werden Verstöße nicht geahndet. Es kann kein Bußgeld für die Vernichtung von Waren erhoben werden. Auch große Konzerne wie Amazon werden daher auch nicht kontrolliert.
Die Kunden des Konzerns sind indes umweltbewusster: Studien belegen, dass 59 Prozent der deutschen Kunden bereit sind, Retouren zu bezahlen und sich bemühen, künftig weniger Produkte zurückzuschicken. Seit Oktober können Amazon-Kunden ihre Retouren unverpackt bei der Deutschen Post abgeben.

Aylin Bonn
Autor(in) Aylin Bonn



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