SAZsport-Podcast mit Matthias Gebhard & Jürgen Krause
27.11.2020, 09:59 Uhr
Für Bergfreunde ist der Kanal sekundär
Bei der Wahl zu den Besten der Branche haben die Bergfreunde ordentlich abgeräumt. Im Podcast lassen sich Matthias Gebhard und Jürgen Krause aber nicht nur feiern, sondern sprechen auch über das schwere Corona-Jahr und das so wichtige Thema Nachhaltigkeit.
Als Matthias Gebhard (li.) vor acht Jahren Managing Director der Bergfreunde wurde, lag der Umsatz des Unternehmens bei zwölf Mio. Euro. Unter seiner Führung und der von Ronny Höhn haben sich die Erlöse mittlerweile mehr als verzehnfacht. Vor dieser Zeit arbeitete Gebhard zwischen 2007 und 2010 bei der Münchner Unternehmensberatung Roland Berger. Jürgen Krause (re.) ist Einkaufsleiter bei den Bergfreunden.
(Quelle: Bergfreunde)
Zwei Siege in den Segmenten Outdoor und Online-Business und dazu ein zweiter Platz in der Kategorie Vollsortimenter - bei der Wahl zu den Besten der Branche sind die Bergfreunde von ihren Lieferanten mit Bestnoten überhäuft worden. Ein solch starkes Abschneiden in gleich drei Bereichen hat bisher noch kein Händler erreicht.
„Die Masse an Auszeichnungen ist ein Hammer“, freut sich Geschäftsführer Matthias Gebhard in der neuen Folge des Podcasts von SAZsport. Zusammen mit seinem Einkaufsleiter Jürgen Krause lässt er aber auch das schwere Jahr 2020 Revue passieren und verrät, ob das Unternehmen das angepeilte Wachstumsziel von bis zu 25 Prozent erreichen wird. Zudem sprechen beide über das Thema Nachhaltigkeit und erklären, ob sie sich mit ihren Aktionen in dieser Richtung bereits als Vorbild für andere Händler aus der Branche sehen.
SAZsport: Bergfreunde hat in diesem Jahr bei unserer „Besten der Branche“-Wahl ordentlich abgeräumt: Sieger in den Kategorien Outdoor und Online-Business, dazu Platz zwei bei den Vollsortimentern hinter dem Sporthaus Schuster. So eine Konstellation hatten wir auch noch nie. Macht Sie die Wahl zum Outdoor-Händler des Jahres vielleicht am meisten stolz, weil Sie nicht mehr „nur“ als Online Pure Player wahrgenommen werden, sondern auch starke stationäre Händler hinter sich gelassen haben (Unterwegs, Camp4)?
Matthias Gebhard: Die Masse an Auszeichnungen ist erst einmal ein Hammer – das hat uns schon sehr überrascht. Letztes Jahr waren wir bei der Kategorie Online-Business ganz vorne mit dabei, da hat Bergzeit gewonnen. Wenn man mal überlegt, wo wir herkommen, dann ist das unglaublich. Früher war das Thema stationär und online sehr groß, auch in der Outdoor-Branche. Seit ein paar Jahren merken wir, dass der Kanal als solches neutral betrachtet wird und eigentlich keine Rolle mehr spielt. Vielmehr erkennen unsere Lieferanten auch, dass jeder Kanal seine eigenen Potenziale hat. Für uns ist der Schlüssel schon immer gewesen, dass wir aus Kundensicht denken müssen – und für den Kunden ist der Kanal sekundär. Wir bieten dem Kunden – und das ist ja auch das, was wir als Bergfreunde immer schon predigen und tun – das bestmögliche Einkaufserlebnis online.
SAZsport: Jetzt wird Bergfreunde schon ganz normal mit einem stationären Händler verglichen.
Gebhard: Es wurde ja immer argumentiert, es gäbe für eine Outdoor-Marke bestimmte elementare Dinge, die ein Online-Händler gar nicht liefern könne – Produktpräsentation, Beratung etc. Über die letzten Jahre 15 Jahre haben wir gezeigt, dass wir diese Dinge, wie zu beraten, sehr wohl gut können – teilweise sogar besser als stationäre Händler. Und dass wir auch ein besonderes Einkaufserlebnis liefern können, das jetzt zwar nicht eins zu eins vergleichbar ist mit dem stationären Verkauf, aber den Kunden mitnimmt, Geschichten erzählt und Emotionalität reinbringt.
SAZsport: Man hat den Eindruck, dass Bergfreunde als starker Online Pure Player relativ unabhängig von äußeren Einflüssen (Wetter, Corona-Pandemie, Lockdowns) agieren, unbeirrt sein Geschäft machen kann und einfach weiter wächst. Oder gab es für Sie in diesem Ausnahmejahr einen großen Unterschied, der Ihnen die Arbeit erschwert hat?
Gebhard: Der Eindruck täuscht, wir operieren nicht unabhängig von äußeren Einflüssen, und es läuft auch nicht alles so locker und unbeirrt. Auch für uns war das letzte halbe Jahr extrem anstrengend. Vom Start weg ab März haben wir aber immer gewusst: Der Markt wird langfristig eher profitieren von all den Dingen, die durch Corona entstanden sind. Und die zweite Komponente, die da draußen auch schon häufig zitiert wurde, ist: Natürlich sind die Kunden, weil sie zum Teil auch anders gar nicht konnten und sich in der Stadt nicht mehr so wohl gefühlt haben, in den Online-Kanal gegangen. Daher ist das Geschäft für uns im Sommer ganz gut gelaufen, wie für fast alle Onliner. Ich habe aber auch gehört – und das hat mich dann genauso gefreut –, dass es für den stationären Handel im Großen und Ganzen doch besser gelaufen ist, als anfänglich gedacht.
SAZsport: Bergfreunde hat Anfang des Jahres bekannt gegeben, klimaneutral zu sein, und das rückwirkend zum Gründungsjahr 2006. Und zudem eine Klimabilanz in Zusammenarbeit mit einer Münchner Beratungsgesellschaft erstellt. Wollen Sie damit Ihren Händlerkollegen – ob online oder stationär – auch so ein bisschen als gutes Vorbild dienen?
Gebhard: Es wäre toll, wenn wir eines werden könnten. Wir sehen uns aber noch nicht 100 Prozent in der Lage, eines zu sein. Wir wollen natürlich ein Signal senden und alle auffordern, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Wir stehen da erst am Anfang. Aber das Tolle an der Branche ist, dass sich sowohl Lieferanten als auch zum Teil Händler sehr viele Gedanken gemacht haben. Wir sind da als Branche schon relativ weit und es agiert auch jeder sehr offen und ohne einen Wettbewerbsgedanken. Für uns als Onliner ist es wirklich die Idee, das Thema Klimaschutz stärker nach vorne zu bringen. Wir glauben, dass wir Stand jetzt pro Paket ungefähr 1,7 Kilogramm CO2-Emissionen oder -Äquivalente erzeugen, und wir wollen diesen Wert über die nächsten zwei Jahre auf 1,4 Kilogramm senken. Um Ihnen ein Gefühl dafür zu geben: 1,7 Kilogramm entspricht letztlich einmal vier Kilometer in die Stadt fahren und wieder zurück.
SAZsport: Bergfreunde hat 2019 einen Umsatz von 110 Mio. Euro erzielt, mit einem Plus von 28 Prozent zum Vorjahr. Plan für 2020 waren bis zu 25 Prozent Wachstum, damit wären Sie bei 137,5 Mio. Euro gelandet. Wird dieser Plan aufgehen?
Gebhard: Das Jahr ist noch nicht vorbei, aber wir sind sehr zuversichtlich. Dieses ist das dynamischste, an das ich mich bei den Bergfreunden erinnern kann. Natürlich gibt es noch sehr viele Unsicherheiten rund um das Weihnachtsgeschäft, die man sich jetzt noch gar nicht so ausmalen möchte. Ich glaube aber fest an den Markt und die Nachfrage.