SAZsport Experten 09.04.2018, 09:33 Uhr

Sportbranche: Alles agil oder was?

Wenige Schlagworte sind aktuell so präsent wie „Agilität“. Doch was ist damit eigentlich gemeint? Und was bedeutet es für Unternehmen in der Sportbranche?
Philipp P. Prechtl, Bereichsleiter Sport, Mode und Lifestyle bei der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner
Fest steht sicher eines: Die Veränderungsgeschwindigkeit im Markt- und Wettbewerbsumfeld der Sportbranche wird immer höher. Kundenanforderungen steigen, Kollektionswechsel werden schneller - und über allem schwebt das Thema „Disruption durch die Digitalisierung“.
Die bisherigen Fortschritte in Sachen Geschwindigkeit werden nicht nur positiv empfunden:  So hat beispielsweise die digitale Kommunikation dazu geführt, dass in vielen Unternehmen mehr Menschen in administrative, operative und strategische Entscheidungen eingebunden werden. In der Folge steigen ungeliebte Abstimmungsbedarfe, Meetings und Schleifen zur Entscheidungsfindung.
Um schneller und „agiler“ zu werden, braucht es also weit mehr als vereinfachte Kommunikationswege. Es geht vielmehr um eine optimierte Anpassungsfähigkeit und Selbstorganisation von Unternehmen. Insofern ist Agilität zu verstehen als Fähigkeit eines Unternehmens, sich in zunehmend wechselhaften, volatilen und auch turbulenten Zeiten schnell anzupassen, zu erneuern oder zu verändern. Dabei heißt Agilität mitnichten Instabilität – im Gegenteil: Agilität benötigt meist eine stabile Organisation als Basis.
Dann kann sie entscheidend dazu beitragen, wenn es darum geht, schnell auf neue Markt- und Wettbewerbsverhältnisse zu reagieren. Auf dem Weg zu einer agilen Organisation ist vor allem der Mut zur Veränderung gefragt, ohne bewährte, erfolgreiche Strukturen und Prozesse zu zerstören. Folgende Merkmale „machen“ eine agile Organisation:
  • Kurze Entscheidungswege zur Geschäftsleitung bei wichtigen Entscheidungen und bei der Ausrichtung des Geschäftes auf veränderte Anforderungen von Märkten und Kunden, sprich bei strategischen Entscheidungen. Die im Mittelstand typische flache Hierarchie spielt dabei nicht die entscheidende Rolle. Viel wichtiger ist die Zugänglichkeit der Unternehmensleitung für Entscheidungssituationen, in denen es unternehmerische Entscheidungsbedarfe gibt.
  • Konsequentes Entscheidungsverhalten, d.h. die Fokussierung auf die Folgen von Entscheidungen für das Unternehmen und die Kunden. Entscheidungsgremien werden dabei nicht nach Hierarchie, sondern nach Relevanz für die Problemlösung besetzt. Damit entfallen viele Entscheidungsschleifen und die Befassung mit Stellen, für die Entscheidungen nur mittelbare oder gar keine Auswirkungen haben.
  • Konzentration der Führungsorganisation auf die Funktionen und deren Leistungsoutput. Erfolgreiche Unternehmen sind bei der Formulierung von Projekten sehr restriktiv, weniger erfolgreiche Unternehmen deklarieren viele Entscheidungssituationen als Projekt. Nur bei der ressourcenschonenden Selbstorganisation bleibt die Konzentration auf das Tagesgeschäft gewahrt und erfolgsrelevante Aktivitäten in F&E, Vertrieb oder Produktion bleiben nicht liegen. Diese können ggf. zusätzliche durch die Einführung von spezifischen „agilen Methoden“ wie z.B. im Projektmanagement unterstützt werden.
Die Einführung von Agilität bedeutet also vielmehr als „nur“ agiles Projektmanagement. Es heißt nicht mehr und nicht weniger, als “Dinge auch einmal wegzulassen”, d.h. Strukturen, Prozesse und damit auch Kontrolle zugunsten von Selbstorganisation und Vertrauen zu reduzieren.
Agile Organisation in der Sportbranche
Quelle: Dr. Wieselhuber & Partner GmbH
Dadurch kann die Organisation zum eigenständigen Erfolgsfaktor im Wettbewerb werden, der dauerhaft Wettbewerbsvorteile und Differenzierung sicherstellen kann. Zudem ist sie ein elementares Gestaltungsfeld des Top-Managements. Patentrezepte gibt es natürlich keine und schon gar keine „Blaupause", die einfach nur übertragen werden muss. Je nach Status Quo der Organisation, müssen Führungssysteme angepasst, Strukturen und Prozesse erneuert bzw. reduziert sowie mehr Freiraum für Mitarbeiter zur Selbstorganisation geschaffen werden. Last but not least ist natürlich eine Kultur im Unternehmen gefragt, die die Agilität fördert und zu einem entsprechenden „Mindset“ der Mitarbeiter beiträgt. Runtergebrochen auf die Sportbranche bedeutet dieses Vorgehen konkret: Neue Trends können aktiver aufgegriffen und, Wettbewerber durch schnelle Aktionen und Reaktionen besser in Schach gehalten werden. Und auch im Kampf um die besten Talente der Generationen Y und Z verschafft man sich so als attraktiver Arbeitgeber einen  entscheidenden Vorsprung.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Mut und Erfolg auf dem agilen Weg in der Sportbranche – probieren Sie es aus!



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