Supply Chain Excellence
06.10.2017, 08:00 Uhr
Machen Sie die Pflicht zur Kür!
Die Basis des Erfolgs im Sport- und Outdoor-Bereich – und darin sind sich alle einig – ist zunächst einmal eine starke Marke. Doch danach wird die Wertschätzung und Wichtigkeit der Supply Chain in den letzten Jahren immer wichtiger.
Philipp P. Prechtl, Bereichsleiter Sport, Mode und Lifestyle bei der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner
Der Hintergrund ist klar: Zum einen wird der Druck auf die Prognosequalität und Verfügbarkeiten immer höher durch abnehmende Vororderquoten, steigende Saisonalitäten und den Anspruch des Kunden nach schnellen Lieferzeiten. Zum anderen bauen schnellere Kollektionswechsel bzw. Lieferrhythmen, Individualisierung und die zunehmende Variantenvielfalt bauen zusätzlich Druck auf.
Für viele Player ist dies ein fast nicht darstellbarer Spagat, vor allem wenn die Bestände und Kosten nicht gleichzeitig aus dem Ruder laufen sollen.
Die Supply Chain wird daher zunehmend zum kritischen Faktor für Hersteller. Zum einen um Liquidität und Kosten im Griff zu behalten und damit erforderliche Ergebniseffekte zu erzielen, zum anderen aber stellt sie einen echten potenziellen Differenzierungsfaktor im Wettbewerb dar. Decken Sie vor diesem Hintergrund eher nur die „Pflicht“ ab? Oder wird Supply Chain Management zum „Kür-Thema“?
Im W&P-Supply-Chain-Modell sind die acht relevanten Handlungsfelder entlang der Wertschöpfungskette dargestellt.
Quelle: Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner
1. Nutzen und Suchen Sie die Potenziale von Digitalisierung und Industrie 4.0!
In Zeiten der Digitalisierung stecken neben den klassischen Hebeln gerade hier die neuartigen Möglichkeiten zur Gestaltung und Optimierung. Sei es durch eine flexible und individualisierte Produktion bis hin zur Losgröße 1 wie bei Adidas Speedfactory. Oder aber eine durch den Einsatz von RFID voll transparente Supply Chain. Die Nutzung von Big Data entlang der Wertschöpfungskette erlaubt darüber hinaus die end-to-end Optimierung der Supply Chain.
Ergebnis: Digitale Technologien dienen als weiterer „Beschleuniger“ und „Befähiger“ zur Supply-Chain-Optimierung
2. Optimieren Sie Ihre Planungssysteme, -prozesse und –tools!
Gerade in so saisonalen Geschäften wie dem Sport- und Outdoor-Markt kommt der Prognosequalität eine Schlüsselrolle zu – egal ob durch Einsatz von Big Data oder auf Basis „klassischer“ Daten. Denn mit dem zunehmenden Rückgang der Vorordersysteme verlagert sich das Bestandsrisiko zunehmend auf die Hersteller. Wer hier frühzeitig an kollaborativen Planungsmodellen mit Abnehmern sowie einer abgestimmten Sales & Operations-Planung arbeitet, maximiert seine Transparenz, erhöht die Prognosequalität und vermeidet den berühmten „Bullwhip-Effekt“. Dieser Effekt ist ein Phänomen, das bei Schwankungen der Nachfrage in der gesamten Lieferkette auftritt. Die Schwankungen werden umso stärker, je weiter man sich in der Lieferkette vom Endkunden über die Händler bis hin zu den Herstellern und Zulieferern bewegt.
Ergebnis: Maximale Verfügbarkeit für Ihre Kunden trotz niedriger Bestände
3. Machen Sie Ihre Produktion maximal flexibel!
Eine 100%-treffgenaue Prognose wird es nicht geben, darum kommt der Flexibilität in der Supply Chain eine immer wichtigere Rolle zu. Möglichkeiten dazu liegen in der Einführung eines intelligenten Baukastensystems, der spätestmöglichen Variantenbildung und dem Einsatz neuer Anlagentechnologie mit Losgröße 1 Fähigkeit.
Ergebnis: Hohe und schnelle Lieferfähigkeit als echtes Differenzierungsmerkmal bei gleichzeitig niedrigen Beständen und geringen Kosten.
4. Halten Sie die Komplexität im Griff!
Gesteigerte Anforderungen des Kunden, intensiverer Wettbewerb in der Branche aber auch „Mitstreiter“ aus der Modewelt verleiten zu einer scheinbar einfachen Antwort: „Wir brauchen neue und mehr Produkte“. Doch was Vertrieb und Produktmanagement freut, fällt den Operationsbereichen mit steigenden Beständen und Komplexitätskosten oftmals auf die Füße. Schon heute sind die Umsätze pro Teil, die Neuerungsraten im Sortiment, die Abschriftenanteile im Vertrieb und der Sortimentsanteil mit Rabatten oftmals viel zu hoch. Vom gewünschten Zusatzergebnis bleibt daher meist nichts übrig. Oder schlimmer noch: Es wird weiter aufgezehrt. Daher halten Sie die Komplexität im Sortiment im Griff und machen dies zur CEO-Aufgabe. Denn ein Gleichgewicht der Kräfte zwischen Vertrieb, Produktmanagement und Operations wird sich im freien „internen“ Wettbewerb nicht ergeben.
Ergebnis: Optimierung erforderlicher Produktkomplexität und Komplexitätskosten
5. Messen Sie Ihre Supply-Chain-Performance so gut es geht!
Setzen Sie dem Gefühl klare Zahlen und Fakten entgegen. So werden Sie nur durch die konsequente Messung relevanter Kennzahlen einen systematischen Weg zur Steigerung von Leistung und Effizienz erreichen. Ein kontinuierliches Verbesserungsprogramm (KVP) muss auf dieser Basis entwickelt und hierarchieübergreifend gelebt werden. Richten Sie entsprechend einen Supply-Chain „Control Tower“ für eine höhere Transparenz und bessere Steuerung des Unternehmens ein.
Ergebnis: Die Resultate einer Optimierung der Supply Chain lassen sich üblicherweise relativ schnell realisieren und messen. Die Projekterfahrung zeigt:
- Effizienzsteigerung in der Produktion um bis zu 30%
- Verkürzung der Durchlaufzeiten um bis zu 60%
- Reduzierung der Komplexität im Sortiment um bis zu 25%
- Verbesserung der Lieferfähigkeit um über 15%
- Senkung der Bestände um bis zu 30%
Daher meine Empfehlung an Sie: Stellen Sie Ihre Supply Chain auf den Prüfstand und in den Fokus der weiteren Optimierung Ihres Unternehmens - und machen Sie diese systematisch zu einem Differenzierungsfaktor im zunehmenden Wettbewerb.