Marktstart von Apple Pay
11.12.2018, 11:55 Uhr
Kommt jetzt der Durchbruch für Mobile Payment?
In diesem Jahr sind die lang ersehnten Player Google Pay und Apple Pay auf den deutschen Payment-Markt gekommen. Bringen sie den Durchbruch für Mobile Payment? Die Einschätzung von sechs Experten.
Im Juni hat sich Google Pay auf den deutschen Markt gewagt, jetzt ist Apple Pay dazu gekommen. Endlich möchte man sagen. Denn die Payment-Branche hat sehr lange auf den Markteintritt der großen Player gewartet, in der Hoffnung, sie könnten dem Bezahlen via Smartphone in Deutschland zum Durchbruch verhelfen. Doch was verändert sich wirklich? Und wer wird zu den Verlierern zählen?
Sechs Payment-Experten werfen einen Blick in die Zukunft: Jochen Siegert, Autor des Blogs "PaymentandBanking", Dirk Brunke, Managing Partner bei der Unternehmensberatung Osthaven, Christopf Karstens, Senior Consultant für die Themen Mobile und NFC bei Cocus Consulting, Julia Houben, Geschäftsführerin von Paylobby, Rudolf Linsenbarth, Berater und Autor bei Blogs wie "IT Finanzmagazin" und "Der Banken-Blog", Hubertus von Poser, Mitglied der Geschäftsleitung beim Beratungsunternehmen PPI AG.
Was verändert der Markteintritt von Apple Pay?
Um es klar zu sagen: Zunächst einmal nicht so viel. "Wir dürfen nicht erwarten, dass sich durch den Markteintritt von Google und Apple Pay die Bargeldnutzung in Deutschland plötzlich deutlich reduzieren wird", warnt Jochen Siegert, Autor des Blogs "Payment and Banking" und Vorstand der Traxpay AG.
Denn die Deutschen hängen am Bargeld: 80 Prozent der Transaktionen an der Ladenkasse werden einer Studie der Europäischen Zentralbank zufolge hierzulande bar abgewickelt. In den Niederlanden sind es hingegen nur 45 Prozent. Doch auch in anderen, weniger bargeldaffinen Ländern wie Großbritannien, in denen Apple Pay schon länger verfügbar ist, sei die Akzeptanz- und Nutzungsrate noch überschaubar, meint Dirk Brunke, Managing Partner bei der auf Payment spezialisierten Unternehmensberatung Osthaven. "Das liegt auch daran, dass der Mehrwert dieser Dienste auf das reine Bezahlen reduziert ist", ist er überzeugt.
Dennoch sind sich die Experten einig, dass Mobile Payment durch die Angebote von Google und Apple endlich mehr Aufmerksamkeit in breiten Kreisen der Bevölkerung gewinnen wird. Und weil die Infrastruktur für kontaktloses Bezahlen in den vergangenen Jahren in den Läden stetig ausgebaut wurde, ist der Boden für Mobile Payment mittlerweile gut bereitet.
"Mittel- bis langfristig werden mobile Endgeräte auch dann zum Einsatz kommen, wenn es ums Bezahlen geht", betont Christoph Karstens, Senior Consultant für die Themen Mobile Payment und NFC bei Cocus Consulting.
Wo werden Apple Pay und Google Pay Fuß fassen?
Hier gehen die Meinungen auseinander. Die einen gehen davon aus, dass die Mobile Wallets vor allem im stationären Handel das Bezahlverhalten verändern werden. "Im digitalen Handel gibt es schon viele etablierte und gelernte Lösungen wie Paypal oder Kreditkarten", bringt Julia Houben, Geschäftsführerin von Paylobby, einer Vergleichsplattform für Payment Service Provider, das meist genannte Argument dafür auf den Punkt.
Andere wie Rudolf Linsenbarth, Berater und Autor bei Blogs wie "IT Finanzmagazin" und "Der Banken-Blog", vermuten, dass sich die Mobile Walltes nur in der Anfangszeit auf die stationären Läden beschränken werden. "Mit der wachsenden Bedeutung des Online-Handels werden wir noch eine stärkere Bewegung von Mobile Payment in Richtung E-Commerce sehen", sagt er. Jochen Siegert unterstützt diese These mit dem Argument, dass heute schon internationale Online-Plattformen im Web Apple und Google Pay akzeptieren würden.
"Mittelfristig erwarte ich, dass sich Apple Pay und Google Pay auch in Webshops und beim In-App-Payment nennenswerte Marktanteile sichern werden, da sie bis dato die einfachste Form des Online-Payments bieten", so Siegert.
Hat Paypal das Nachsehen?
Wenn die mobilen Bezahlverfahren sich auch im Online Business etablieren können, könnte Paypal das Nachsehen haben, glaubt Linsenbarth. Schließlich ist Paypal bislang unangefochtener Marktführer in Deutschland beim digitalen Bezahlen.
Die großen Verlierer werden aber Banken sein, so die einhellige Meinung der Experten. Insbesondere die Banken, die sich weiterhin gegen Apple und Google Pay sperren, werden Probleme mit ihren Kunden bekommen, wenn ihnen die Nutzung dieser Walltes verwehrt bleibt.
Lösungen der deutschen Banken
Haben Lösungen der deutschen Banken überhaupt eine Chance? "Ja, auf jeden Fall", ist Christoph Kartens von Cocus überzeugt. Sein Argument: Die deutschen Banken würden hauptsächlich die Girocard digitalisieren und die sei das meistgenutzte bargeldlose Zahlungsmittel in Deutschland. Das sieht auch Hubertus von Poser so, Mitglied der Geschäftsleitung bei dem Beratungsunternehmen PPI AG: "Die Banken und Sparkassen schaffen ja gerade die Möglichkeit, mittels NFC mit der in das Smartphone integrierten Girocard zu bezahlen."
Allerdings könnte dieser Vorteil verloren gehen, wenn sich Apple und Google für Debitkarten öffnen und damit auch die Girocard Einzug in die beiden Mobile Walltes halten könnte. Denn dann gibt es nur noch wenig Unterschiede zwischen den Angeboten und die meisten Nutzer werden nur eine, maximal zwei Mobile-Payment-Lösungen parallel verwenden.
Julia Houben glaubt daher auch, dass die Gefahr groß ist, dass die Angebote der deutschen Banken untergehen werden, da sie eben "immer nur einen bestimmten Bereich abdecken", so Houben. Schwierigkeiten wird den Banken nach Ansicht von Linsenbarth auch die Entwicklungsgeschwindigkeit der großen Player machen, mit der die Geldhäuser kaum Schritt halten könnten.
Wie viele Mobile-Payment-Lösungen trägt der Markt?
Prinzipiell wohl nicht so viele. Die Einschätzungen schwanken hier zwischen zwei oder drei und bis zu fünf. Linsenbarth zieht die Situation beim Online Shopping als Vorbild heran. Demnach könne es zwei Lösungen geben, die dominieren, daneben einige, die eine gewisse Relevanz haben, und etliche Anbieter, die sich eine lukrative Nische erobert haben.
Jochen Siegert vermutet, dass sich die betriebssystemgestützten Lösungen, also eben Apple Pay und Google Pay am ehesten durchsetzen werden. Im Gegensatz zu hardware-gestützten Lösungen wie etwa der des Navigationsgeräte- und Smart-Watch-Herstellers Garmin, werde das Betriebssystem meist weitergeführt, die Hardware dagegen ausgetauscht.
Osthaven-Berater Dirk Brunke ist wie auch Christoph Karstens von Cocus überzeugt, dass auch die bankeneigenen Lösungen Bestand haben werden, da der Markt in Deutschland mit 82 Millionen Einwohnern groß genug sei. Kartens glaubt zudem auch an eine Zukunft für Payback Pay, da die Bezahlfunktion für den Bonuspunkte-Anbieter ein weiteres, gut funktionierendes Feature in der Gesamtlösung sei.
Autor(in)
Christiane
Fröhlich