Diversity & Loyality 05.03.2021, 07:46 Uhr

Fünf Consumer Trends 2021: So tickt der digitale Kunde

Die Kunden von morgen schätzen Nachhaltigkeit, den Spaßcharakter beim Shoppen, sind aber nicht mehr besonders loyal zu Marken: fünf Consumer Trends des Jahres.
(Quelle: Shutterstock/blurAZ)
Von Jimmy Jakobsson, CEO und Mitgründer von Ingager
Selten zuvor hat sich der digitale Raum so dynamisch entwickelt wie in den letzten zwölf Monaten. Nicht allen Werbetreibenden ist es gelungen, mit den Folgen des digitalen Pandemie-Jahres Schritt zu halten. Manche dieser Trends sind gekommen, um zu bleiben und das Verhalten der digitalen Konsumenten nachhaltig zu prägen.

1. Höhere Sensibilität für dem Umgang von Daten

Die Angst der Verbraucher, dass ihre persönlichen Daten von digitalen Diensten geradezu aufgefressen werden könnten, ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Teilten im Jahr 2013 noch 56 Prozent derlei Befürchtungen, lag der Anteil 2019 bereits bei 61 Prozent. Die These, dass sich diese Stimmung bis heute weiter verstärkt hat, dürfte mit Blick auf die rasant gestiegenen Nutzungszahlen digitaler Dienste im Zuge der Corona-Pandemie nicht allzu gewagt sein.
Die zentrale Bedeutung des digitalen Ökosystems sorgt nun für eine erhöhte Aufmerksamkeit der Nutzer. Am Beispiel Clubhouse zeigt sich zudem, dass nicht einmal mehr konkrete Fälle vonnöten sind, um das Thema Datenschutz öffentlich zu diskutieren und Sicherheitsstandards zu hinterfragen. Die Verbraucher von heute sind sich des Wertes ihrer Daten bewusst und fordern daher maximale Transparenz im Umgang mit ihnen ein - von den digitalen Dienstleistern genauso wie von Unternehmen.
Für Marken in diesem Zusammenhang entscheidend: Wenn sie kontinuierlich daran arbeiten, eine solide Vertrauensbasis mit den Konsumenten herzustellen, werden die Nutzer letztendlich eher gewillt sein, ihre Daten zu teilen. Werbetreibende sollten ihre Kunden offen darüber informieren, wie und warum ihre persönlichen Daten verwendet werden. Gerade jetzt, wo Apple die Zielgruppenansprache über digitale Plattformen im Zuge des iOS-Updates 14.5 zusätzlich erschwert, ist der direkte Weg zum Kunden ohnehin wichtiger als jemals zuvor.

2. Fokus auf Nachhaltigkeit und Diversity

Umwelt, Klima, Gleichberechtigung - nur eine Auswahl der Themen, die einem Großteil der Konsumenten von heute am Herzen liegen. Ein entscheidender Grund für das gestiegene Verbraucherbewusstsein ist die Informationsfülle und -dichte zu diesen Themen in den sozialen Netzwerken. Der Zugang zu sämtlichen Inhalten steht jedem frei, wodurch das allgemeine Verständnis für Debatten rund um Nachhaltigkeits- und Diversity-Issues steigt.
Entsprechend wollen auch digitale Verbraucher immer häufiger Produkte oder Dienstleistungen von Marken kaufen, deren Ideale und Prinzipien mit ihren eigenen übereinstimmen. Natürlich kann nicht jedes Unternehmen seinen Einsatz für die Natur so authentisch verkaufen wie Patagonia. Gleichwohl wird es für digitale Konsumenten immer bedeutender, gemeinsame Werte mit einer Marke zu finden.
Wenn Käufer mehr Wert auf die soziale Verantwortung eines Unternehmens legen, deutet das auch auf mehr Branding-Möglichkeiten im digitalen Raum hin. Umweltbewusstsein endet also nicht bei der Abschaffung der Plastiktüte, sondern muss auch auf der digitalen Agenda ein Schwerpunktthema sein.

3. Verschiebung der Bedürfnisse und Prioritäten

Wir leben in bewegten Zeiten, insbesondere das vergangene Jahr war turbulent. Die Auswirkungen auf die globalen Märkte sind bis heute signifikant, was sich auch in unserem Konsumverhalten widerspiegelt. Unsere Prioritäten haben sich seit dem vergangenen März verschoben. Was vor allem zählt, ist Sicherheit. Von diesem Pandemie-bedingten Sicherheitsbedürfnis wird wiederum unser digitales Konsumverhalten maßgeblich beeinflusst.
Die Wertgleichung seitens der Verbraucher ist eine gänzlich neue: Stellten früher Preis und räumliche Nähe die primären Kernkriterien für Einkaufsentscheidungen dar, sind heute im stationären Handel guter Service und ein komfortables Shopping-Erlebnis ausschlaggebend. Kaufentscheidungen im E-Commerce wiederum werden dann als positiv bewertet, wenn die Preispolitik transparent ist, die Kaufabwicklung reibungslos vonstatten geht und die Ware pünktlich ankommt. Wer als Online-Händler in den genannten Bereichen versagt, wird von den Konsumenten gnadenlos abgestraft - nicht zuletzt in Form eines negativen Social Proofs.

Jimmy Jakobsson, CEO von Ingager
Quelle: Ingager
4. Bye bye, loyalty!

Drei von vier Verbrauchern geben an, in den letzten zwölf Monaten ein neues digitales Produkt oder eine neue Dienstleistung ausprobiert zu haben. Und sogar 65 Prozent wollen auf die neu gewonnene Lebensqualität in Zukunft nicht mehr verzichten. Ein Großteil der digitalen Konsumenten scheint also sehr offen für Neues zu sein, was sich wiederum negativ auf die Loyalität gegenüber etablierten Marken auswirkt.
Die neue Denkweise bietet sowohl Chancen als auch Herausforderungen für alle Werbetreibenden. Etablierte Marken müssen sich dem Trend schwindender Loylitätsbereitschaft bewusst machen und durch noch stärkere Kundenzentrierung entgegensteuern. Jüngere Marken hingegen haben jetzt die große Chance, die Aufmerksamkeit von neugierigen, digitalen Verbrauchern zu gewinnen und diese zu Kunden zu machen. Funktionieren wird Letzteres aber nur, wenn es sich beim Angebot statt um ein einfaches Produkt um ein echtes Erlebnis handelt.

5. Von der Transaktion zum Erlebnis

Der digitale Konsum hat sich in seinem Wesen gewandelt - von der Transaktion hin zum echten Event. Waren digitale Interaktionen und Aktivitäten früher vor allem pragmatischer Natur - wir checkten das Wetter und kauften vielleicht mal ein Flugticket - verbringen die meisten Nutzer einen immer größeren Teil ihrer Wachzeit auf digitalen Plattformen. Sieben Stunden sind es im Schnitt hierzulande - da kann es nicht mehr nur um Wetterberichte und Flugtickets gehen.
Tatsächlich verfolgt das "Online-Sein" in den allermeisten Fällen keinen eindeutigen Zweck mehr. Das Internet ist Informations- und Inspirationsquelle, die thematischen und inhaltlichen Übergänge sind fließend. Und nicht selten treffen Verbraucher bei Ihrer Reise ohne Ziel auf Produkte, die sie letztendlich auch kaufen. Weltweit geben ganze 61 Prozent der Verbraucher an, dass sie schon mal einen Online-Kauf getätigt haben, nachdem sie durch Zufall etwas Spannendes entdeckt haben.
Der Übergang von Transaction zu Discovery erfordert neue Methoden und ein erhöhtes Verständnis für die Funktionalitäten der relevanten digitaler Plattformen. Für Werbetreibende wird es ganz entscheidend sein zu verstehen, welche Faktoren einen zufälligen Kauf triggern können und ihre Produkte entsprechend zu inszenieren und platzieren. Die Plattformen haben das bereits verstanden und bauen entsprechende Angebote auf, Facebook hat seine Lösung sogar "Discovery Commerce" genannt.

Fazit: Covid als langfristiger Game Changer?

Dass die Pandemie in den letzten zwölf Monaten für einschneidende Veränderungen des Konsumentenverhaltens im Hinblick auf Bedürfnisse und Ansprüche beim Online Shopping gesorgt hat, lässt sich nicht von der Hand weisen. Gleichwohl stellt sich die Frage, wie nachhaltig diese Entwicklung sein wird - schließlich ist in unserer Welt der ständige Wandel eine der wenigen Konstanten.
Wenn Marken und Unternehmen ihre Zielgruppen weiterhin erreichen, zufriedenstellen und binden wollen, wird der alles entscheidenden Erfolgsfaktor die Anpassungsfähigkeit an neue Gegebenheiten sein. Diese Fähigkeit erfordert neben einem tiefen Verständnis für den Konsumenten vor allem die Bereitschaft, schnell und mitunter unkonventionell zu Handeln. Für Marketer ist es zudem an der Zeit, die Möglichkeiten, die sich ihnen bieten, noch besser zu verstehen, um auf die neuen Voraussetzungen nicht nur reagieren, sondern Kapital aus ihnen schlagen zu können. 



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