Österreich entwickelt sich zur Bike-Nation
27.09.2023, 08:29 Uhr
Intersport Österreich veröffentlicht Bike-Report 2023
Intersport Österreich hat Kunden nach deren Motiven fürs Radfahren befragt: Naturerlebnis, Gesundheit und Umweltschutz sind wesentliche Gründe. Geht es jedoch um das Können und die Sicherheit, ist noch Luft nach oben.
V. l.: Johannes Kastenhuber (Marketingleiter Intersport Austria), Marius Schostok (Stützpunktleiter ÖAMTC Salzburg-Süd), Christine Holzer-Weiß (Leiterin Rechtsabteilung und Verkehrssicherheit, ÖAMTC), Downhill-Mountainbiker Andreas Kolb, Thorsten Schmitz (Geschäftsführer Intersport Austria)
(Quelle: Andreas Putz)
Das vergangene Geschäftsjahr 2022/23 für Intersport Austria war trotz hoher Inflation und steigender Lebenshaltungskosten sehr zufriedenstellend. Der Umsatz stieg, da Kunden vermehrt hochwertige Sportausrüstung erwarben, und der Verkauf von E-Bikes war besonders erfolgreich. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet das Unternehmen einen Umsatz von 654 Mio Euro., im Vergleich zu 631 Mio. Euro im Vorjahr (2021/22).
Im aktuellen Bike-Report wird deutlich, dass sich Österreich immer mehr zur Bike-Nation entwickelt. 39 Prozent schwingen sich im Frühling und Sommer mehrmals wöchentlich auf den Sattel, immerhin acht Prozent auch im Winter. Je weiter im Westen daheim, desto radbegeisterter sind die Menschen. Motive dafür sind die Bewegung an der frischen Luft (84 Prozent), der Beitrag zur körperlichen Gesundheit (80 Prozent) und das Naturerlebnis (79 Prozent). Damit ist die Verantwortung für die eigene Gesundheit deutlich stärker verankert als jene für die Umwelt. Mit deutlichem Abstand betont jede beziehungsweise jeder Zweite, der Beitrag zur Umwelt sei die Motivation zum Radfahren. 49 Prozent sagen, sie sind mit dem Fahrrad schneller, und 42 Prozent treibt der sportliche Ehrgeiz an. Für die meisten ist Radfahren ein Solosport, den sie am liebsten allein ausüben. Jede oder jeder Fünfte (21 Prozent) fährt mit dem Partner oder der Partnerin und etwa jede oder jeder Sechste (16 Prozent) mit der Familie.
Erholung und Entspannung sind für den Großteil der Radfahrerinnen und Radfahrer (60 Prozent) der wichtigste Grund, um mit dem Rad zu fahren. Knapp die Hälfte (43 Prozent) nutzt das Rad, um Sport zu treiben, und ein Drittel (33 Prozent) erledigt Einkaufsfahrten mit dem Bike. Immerhin ein Fünftel (19 Prozent) fährt bereits mit dem Rad in die Arbeit.
Zu viele Unfälle
Jede oder jeder Dritte kann keine kleineren Reparaturen am Rad vornehmen. Und nur ein Fünftel fühlt sich beim Radfahren im Verkehrsalltag sehr sicher. „Erschreckend ist, dass nur ein Drittel der Befragten angibt, immer einen Helm zu tragen, und gar zwei Drittel ihr Können und ihre Fahrtechnik mittelmäßig bis schlecht einschätzen. Hinzu kommt, dass viele das Tempo und das Gewicht von E-Bikes unterschätzen. Aber auch eine gewisse Radkenntnis sowie ein Bewusstsein für die Gefahren beim Radfahren sollten für jeden Sportler und jede Sportlerin selbstverständlich sein. Dazu wollen wir als Sporthändler einen Beitrag leisten“, erklärt Thorsten Schmitz, Geschäftsführer von Intersport Austria.
Auch der österreichische Autoclub ÖAMTC fordert mehr Sicherheit: „2022 passierten laut Statistik Austria 10.745 Unfälle mit Beteiligung von Rad-, E-Bike- oder E-Tretroller-Fahrenden, davon waren 4.740 Alleinunfälle. Im Vergleich zu 2013 – damals waren es insgesamt 6.375 Unfälle – ist das ein Anstieg um 69 Prozent“, fasst ÖAMTC-Rechtsexpertin Christina Holzer-Weiß zusammen. Das ist eine besorgniserregende Entwicklung, wie die weiteren Ergebnisse zum Sicherheitsgefühl und der Helmmoral der österreichischen Bevölkerung zeigen.
Nur ein Fünftel fühlt sich sehr sicher im Verkehrsalltag
Im Rahmen des Intersport Bikereports 2023 wurden die Radfahrerinnen und Radfahrer gebeten, auf einer Skala von 1 bis 10 zu beurteilen, wie sicher sie sich im Verkehrsalltag beim Fahrradfahren fühlen. Nur jeder oder jede Fünfte (20 Prozent) vergibt dabei die Noten 9 oder 10 und fühlt sich damit „sehr sicher“. Die Sicherheit im Verkehrsalltag wird durchschnittlich mit der Gesamtnote 6,5 bewertet. Ein Blick auf die Geschlechter und das Alter zeigt: Männer fühlen sich sicherer als Frauen und je älter die Radfahrenden, desto unsicherer fühlen sie sich.
32 Prozent mit Helm – zu wenig
Das Sicherheitsgefühl der Radfahrerinnen und Radfahrer im Verkehr ist mittelmäßig. Dennoch: Nur 32 Prozent geben an, „beim Fahrradfahren immer einen Helm zu tragen“. „Das war wohl eines der überraschendsten Ergebnisse der ganzen Umfrage“, räumt Geschäftsführer Schmitz ein und zieht den Vergleich zum Wintersport: „Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als aufgrund von mehreren schweren Unfällen auf den Skipisten das Verantwortungsbewusstsein bei den Skifahrerinnen und -fahrern sowie Snowboardern und Snowboarderinnen enorm gestiegen ist. Heute sind kaum noch Wintersportler ohne Helm anzutreffen.“ Auch der ÖAMTC schätzt das Sicherheitsbewusstsein für Kopfschutz nach wie vor zu gering ein. „Viele Radfahrende sind ohne Schutzhelm unterwegs. Für Kinder besteht eine gesetzliche Radhelmpflicht bis zwölf Jahre, für Erwachsene gibt es diese allerdings nicht“, weiß Christina Holzer-Weiß.
Schulung der Radkompetenz notwendig
60 Prozent kennen die Verkehrsregeln sehr gut. Doch ihre Radkompetenz schätzen die Radfahrerinnen und Radfahrer bestenfalls durchschnittlich ein. So sagen 39 Prozent von sich, dass sie ihr Fahrkönnen und ihre Fahrtechnik als sehr gut beurteilen (Noten 8 bis 10 auf 10-teiliger Skala). Jeder oder jede Sechste (14 Prozent) sagt, dass er/sie eher schlecht oder sehr schlecht fährt (Noten 1 bis 3). „Geringe Fahrpraxis ist ein wesentlicher Auslöser für viele Unfälle mit dem Rad. Weitere Ursachen sind häufig erhöhte Risikobereitschaft, Ablenkung, aber auch technische Probleme am Fahrrad oder eine mangelhafte Infrastruktur. Gerade im städtischen Raum ist auch ein Ausbau des Angebots von Radwegen förderlich“, so Technikexperte Marius Schostok vom ÖAMTC.
Jeder Dritte kann keine Reparaturen am Rad vornehmen
Zur Radkompetenz zählt auch die Kenntnis des eigenen Bikes. Kommt es während einer Radtour doch einmal zu einer Panne, ist jede oder jeder Dritte dieser hilflos ausgeliefert. 33 Prozent geben an, keine kleineren Reparaturen wie einen Reifen- oder Schlauchwechsel oder Einstellungen bei den Bremsbelägen vornehmen zu können (Noten 1 bis 4 auf 10-teiliger Skala). Und trotzdem stimmen nur 17 Prozent „voll und ganz“ zu, den jährlichen Bike-Service zu machen. „In puncto Bike-Kompetenz sehen wir großen Aufholbedarf. Bei den wichtigen regelmäßigen Checks können unsere Expertinnen und Experten in den Bike-Werkstätten unterstützen. Wir können uns Workshops im Sinne einer Pannenhilfe vorstellen, in denen wir Tipps auf Touren geben“, gibt Thorsten Schmitz einen Ausblick.