Prozess vor dem Landgericht Düsseldorf
05.05.2021, 12:17 Uhr
Intersport Drucks verklagt NRW auf Schadensersatz
Das Traditionsunternehmen Drucks aus Eschweiler hat gegen das Land Nordrhein-Westfalen Klage eingereicht. Der Intersportler verlangt Schadensersatz für die Umsatzeinbußen, die er aufgrund der vom Land erlassenen Corona-Schutzverordnung erlitten hat.
Intersport Drucks will nicht länger tatenlos zusehen, wie der stationäre Einzelhandel aufgrund der vom Land beschlossenen Corona-Maßnahmen in Existenznöte gerät. Aus diesem Grund hat das Familienunternehmen aus Eschweiler jetzt gegen das Land NRW einen Zivilrechtsprozess angestrengt, in dem es verlangt, dass ihm der Schaden für die Schließung seines Geschäfts im April 2020 ersetzt wird.
„Der Auszahlungsprozess ist so zeitverzögert, dass wir bis zum heutigen Tag noch kein Geld vom Staat bekommen haben“, sagt Christoph Drucks, der gemeinsam mit seinem Vater Franz-Leo Drucks (ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender von Intersport) und seinem Bruder Sebastian das Unternehmen mit insgesamt sieben Filialen führt. Die Problematik: Durch die sogenannte De-Minimis-Beihilfe-Regelung, die ein EU-Staat einem Unternehmen gewährt, ist festgelegt, dass der Höchstbetrag von Beihilfen nicht überschritten werden darf. Nach der Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 können grundsätzlich Beihilfen bis 1,8 Mio. EUR pro verbundenes Unternehmen vergeben werden, zusätzlich dürfen Unternehmen nach der allgemeinen De-minimis-Verordnung noch bis zu 200.000 EUR erhalten. Das ist der aktuelle Stand.
Mit diesen Regelungen ist Christoph Drucks alles andere als einverstanden. „Der Staat verkauft uns hier eine Überbrückungshilfe, verbindet sie aber mit bestimmten Spielregeln, wie wir diese Hilfen nutzen können.“ Denn als er gemeinsam mit seinen Steuerberatern den Antrag gestellt hatte, stellte sich heraus, dass die staatlichen Hilfen doch nicht voll ausgeschöpft werden können, weil das Unternehmen sofort an die De-Minimis-Höchstgrenze gestoßen sei. „Es hieß zwar, man könne jetzt die Winter- und Frühlingsware abschreiben, die nicht verkäuflich ist, aber wir kommen gar nicht dazu, weil wir sofort an diese Höchstgrenzen stoßen. Das ist so etwas wie ein ‚Schaufenstergesetz‘: Es gilt zwar theoretisch, aber in der Praxis kommen die Unternehmen nicht an die Gelder, wie die Politik das eigentlich in Aussicht gestellt hatte.“
Zudem seien die versprochenen zwei Mio. Euro Überbrückungshilfe für ein mittelgroßes Unternehmen wie Intersport Drucks viel zu klein bemessen. Das Volumen sei für deutlich kleinere Unternehmen geeignet, die die Hilfen in dem Maße nutzen können, wie das von der Politik ursprünglich beabsichtigt wurde, ohne damit an Höchstgrenzen zu stoßen. Dadurch entstehe laut Drucks eine Wettbewerbsverzerrung. Wenn die zwei Mio. Euro ausgeschöpft seien, gebe es zwar ein weiteres Volumen, das man aber nur dann nutzen kann, wenn man zum einen tatsächliche Verluste nachweisen, und zum anderen sich auch zu 30 Prozent daran beteiligen kann. „Das bedeutet, dass wir mit der aktuellen gesetzlichen Regelung nicht das notwendige Abschriften-Volumen anmelden dürfen, weil die Höchstgrenze das nicht zulässt“, erklärt der Händler. Für den Intersportler ist klar: Wenn der Staat will, dass die Überbrückungshilfe den Händlern zugutekommt, dann muss er dafür sorgen, dass die Waren, die abgeschrieben werden sollen, auch zu 100 Prozent als anrechenbarer Verlust gerechnet werden können.
Zudem fühlt sich der Händler für eine Sache in Verantwortung gezogen, für die er überhaupt nichts könne. „Wir sind nicht daran schuld, dass es Corona gibt. Im Gegenteil: Wir sind Opfer der Pandemie“, resümiert Drucks. Er empfindet die Regelungen, welche Geschäfte geöffnet oder geschlossen haben müssen, als willkürlich. „Es gibt vom Robert-Koch-Institut keinerlei Hinweise darauf, dass man sich in einem Sportgeschäft mehr ansteckt als im Gartencenter, im Blumenladen oder beim Aldi. Daher steht für Drucks fest: Wenn der Staat solche Entscheidungen wie Lockdown-Maßnahmen trifft, dann muss er auch für den wirtschaftlichen Schaden aufkommen. „Der Verursacher haftet für den Schaden. Und wenn der Staat ohne hinreichende Begründung Geschäfte schließt, dann sollte er auch den verursachten Schaden ausgleichen. Da dies derzeit jedoch nicht ausreichend geschieht, empfindet man als Bürger eines Rechtsstaats die aktuelle Situation als verstörend.“
Christoph Drucks hofft nun, dass die Klage, die er gegen das Land Nordrhein-Westfalen führt, Signalwirkung haben wird und nicht nur ihm selbst, sondern auch anderen Händlern zugutekommen soll. „Wir sind nur einer der Betroffenen - wir Händler sitzen schließlich alle in einem Boot. Wir setzen uns nicht nur für uns, sondern für die Gerechtigkeit aller betroffenen Einzelhändler ein. Und vor allem auch dafür, dass keine Differenzierung zwischen großen und kleinen Händlern gemacht wird. Wenn selbst wir als KMU durchs Raster fallen, dann sind die Hilfen einfach viel zu klein dimensioniert. Zudem ist es irrational, große Unternehmen nicht zu entschädigen. Diese beschäftigen mehr Mitarbeiter und zahlen im Normalfall auf mehr Steuern. Sie übernehmen also dadurch mehr Verantwortung."
Die Klage könnte weitreichende Folgen haben, denn wenn das Landgericht Düsseldorf Drucks Forderung grundsätzlich anerkennen würde, dann könnten auch andere betroffene Unternehmen ihre Umsatzverluste ebenfalls einklagen. Das Resultat wäre also eine Klagewelle in Milliardenhöhe für die Bundesländer.
Zur Unternehmensgeschichte
Die Wurzeln von Intersport Drucks reichen bis ins Jahr 1877 zurück, als die Freunde Martin Krings und August Drucks jeweils ein Kurzwarengeschäft in Aachen gründeten. 1909 übernahm der Sohn von August Drucks, Leo Drucks das Geschäft von Martin Krings in der Alexanderstraße 17. In diesem Geschäft wurde neben Arbeitskleidung auch Karnevalsartikel und Sportbekleidung verkauft. In den 1930er Jahren eröffnete Leo Drucks eine Zweigstelle seines Geschäftes auf der Alexanderstraße 29. Als Leo Druck 1935 verstarb, wurde das Unternehmen wurde von seiner Frau Elise und den Kindern Hanna und Franz-Leo Drucks weitergeführt.
Im 2. Weltkrieg wurde das Geschäftshaus völlig zerstört und das Unternehmen nach Thüringen verlegt. Trotz alledem entschloss sich Franz-Leo Drucks 1946 nach seiner Rückkehr, den Betrieb in einer Holzbaracke auf kleinster Fläche in der Alexanderstraße 120 / 122 fortzuführen. Nach Beendigung der Reparaturarbeiten konnte das Geschäft im Eckhaus Alexanderstraße 29 / Sandkaulstraße 2 wieder bezogen werden. 1955 wurde das Gebäude abgerissen und der Kern des heutigen Geschäftsgebäudes entstand.
Durch das deutsche „Wirtschaftswunder“ in den sechziger Jahren entwickelte sich das Unternehmen stetig weiter und konnte expandieren. Im Mai 1956 trat die Firma als Mitglied Nr. 21 der Einkaufsgenossenschaft EGESPO, dem Vorläufer von Intersport bei.
2001 entstand auf der gegenüberliegenden Straßenseite das „Outdoor-Haus“ mit 1400 Quadratmeter Verkaufsfläche. Zu dem Standort Aachen gehört auch der „Junior“ Laden, in welchem auf ca. 300 Quadratmeter ein Kindersortiment angeboten wird.
Weitere Filialen folgten 1999 in Würselen, 2005 in Frechen, 2010 in Kerpen sowie 2011 in Eschweiler Ein Outlet ging ebenfalls 2011 in Düren-Niederzier (heute in Langerwehe) an den Start. 2017 wurde eine Filiale in Niederzier mit rund 750 Quadratmeter eröffnet.
In der fünften Generation traten die Söhne von Franz-Leo Drucks, Christoph Drucks im Jahr 2005 und Sebastian Drucks 2012 dem Unternehmen bei.