Premiere
15.12.2020, 16:05 Uhr
Das war der erste Sports-Trading Futurethon
Unsere Branche hat einen neuen Treiber für Innovationen im Sportartikelhandel: den Futurethon. Fünf spannenden Ideen schafften es ins Finale. Alle, die den Futurethon verpasst haben, können sich jetzt eine Aufzeichnung des Livestreams ansehen.
Moderierten den Futurethon: (v.l.) Stefan Rosenkranz, einer der Organisatoren des Projekts, und Alexander Schwer, Head of Sports bei der Ebner Media Group.
(Quelle: SAZsport)
Bei einem Hackathon lassen sich kreative Köpfe aus der IT-Branche für einen begrenzten Zeitraum „einsperren“, um gemeinsam an innovativen Software-Produkten und -Lösungen zu tüfteln. Diesem Ansatz folgt auch ein neues Projekt, das SAZsport mit der Unternehmensberatung Innovationswerkstatt aus Amberg ins Leben gerufen hat: der Futurethon. Die beiden Organisatoren, Harald Ostermann, Geschäftsführer der Innovationswerkstatt, und Branchenkenner Stefan Rosenkranz, Inhaber der Berateragentur Digital Solutions Consulting (München), hatten Studenten von deutschen Hochschulen folgende Fragestellung mit auf den Weg gegeben: Welche Business-Opportunities sehen Start-up-Unternehmer im Sporthandel?
Eigentlich sollten sich die Studenten nach Art des Hackathons für 48 Stunden einschließen lassen und die fünf Finalisten ihre Ergebnisse dann auf dem Sporthandelskongress von SAZsport präsentieren. Aufgrund der Corona-Krise musste diese physische Veranstaltung jedoch leider entfallen, und so bekamen die potenziellen Jungunternehmer sechs Wochen Zeit, Ideen für einen möglicherweise moderneren, zeitgemäßeren Handel zu entwickeln.
Insgesamt 20 Teams von zehn deutschen Hochschulen mit über 50 Köpfen nahmen am Futurethon teil. Eine Jury, bestehend aus Harald Ostermann, Stefan Rosenkranz, Alexander Schwer (Head of Sports Ebner Media Group) und Mathias Krenski (Chefredakteur SAZsport), wählte die aus ihrer Sicht fünf besten Ergebnisse ins Finale. Am 14. Dezember konnten sich diese Teams noch einmal im Livestream von SAZsport präsentieren, und danach war das virtuelle Publikum aufgefordert, den Sieger per Voting zu küren. Die Aufzeichnung des Livestreams können Sie am Ende dieses Artikels ansehen.
Die Partner des Futurethons
Für den 1. Sports-Trading Futurethon konnte SAZsport neben dem Bundesverband der Deutschen Sportartikel-Industrie (BSI) 20 Marken als Sponsoren gewinnen. In alphabetischer Reihenfolge waren das Aquafeel, Beco, Blizzard, Buff, CEP, Dynafit, Elan, K2, Leki, Lowa, Lowe Alpine, On, Outtra, Rab, Schildkröt, Schöffel, Tatonka, Tecnica, Thule und Vaude. Im Gegenzug erhalten die Unternehmen einen detaillierten Zugang zu allen Ergebnissen des Futurethons sowie die Kontakte der beteiligten Studenten. Zudem wird es am 22. Dezember um 10 Uhr eine Session geben, bei der die Partner noch einmal konkrete Fragen an die beiden Organisatoren Harald Ostermann und Stefan Rosenkranz stellen können.
Die fünf Finalisten
Das Sportgeschäft zum Kunden bringen will Anna Sturm mit ihrer Idee zu einer App namens „Your2Fit“. Dafür bekommen die Mitglieder eines Fitnessstudios einen exklusiven Zugang und zahlen pro Monat 59 oder 99 Euro. Sie haben die Möglichkeit, sich innerhalb der App ihr Fitness-Outfit zusammenzustellen und sich dieses an ihr Studio liefern zu lassen. Im Preis inbegriffen sind zwei Ausstattungen pro Monat, bei der Premium-Mitgliedschaft können sogar ein bis zwei Teile behalten werden. „Anna hat den PoS anders definiert“, meint Jurymitglied Harald Ostermann, und sein Kollege Stefan Rosenkranz ergänzt: „Sie bringt die Bekleidung dorthin, wo der Sport passiert.“
Bei „Poppin‘“ handelt es sich um eine App, an die eine spannende technische Lösung angeschlossen ist. Wenn ein Sportler Bekleidung benötigt, dann öffnet er die App, und ihm wird angezeigt, wo sich ein Pop-up-Truck in seiner Nähe befindet. Er begibt sich dorthin und unterzieht sich im Truck einem Bodyscan. Das System erstellt einen Avatar, mit dem sich der User sein Outfit zusammenstellen kann – er sieht praktisch auf dem Display, wie ihm die entsprechende Bekleidung steht und passt. Er bestellt, und die Ware wird ihm an den Ort seiner Wahl geliefert. „Die Heranführung an die Idee und deren Darstellung fanden wir cool“, lobt Rosenkranz, der glaubt: „Das ganze Thema Passform in Verbindung mit Bodyscanning wird in den nächsten Jahren einen Boom erleben.“
Das Sportheim von Marcel Hummel ist ein neu gedachter stationärer Sportfachhandel. Der Verkauf soll hier nicht mit einem Gespräch beginnen, sondern mit einem Druck des Kunden auf einen Knopf, der am Produkt befestigt ist. Dazu bekommt er sämtliche Infos über ein Display. Das heißt, dass hier die Informationen automatisch gesteuert werden. Der Kunde kann in diesem Sportheim Mitglied werden, sich mit Gleichgesinnten treffen und austauschen und an der Bar einen Kaffee trinken oder etwas essen. „Der Verkäufer muss sich gar nicht so stark auf das Verkaufen des Produkts konzentrieren, sondern kann sich viel mehr um Dienstleistungen kümmern, die rund um das Produkt stattfinden“, erklärt Rosenkranz.
Mit „Sportsbuddy“ stellen Tobias Lenhart, Dennis Taebel und Jan Wezel eine virtuelle Plattform für Sportartikel vor. Der User beziehungsweise Kunde hat hier die Möglichkeit, sich von einem markenunabhängigen Experten zu einer Sportart beraten zu lassen (auch per Video) – nicht unbedingt nur auf Produktebene. Falls das doch geschehen soll, kann er auch einen Termin beim lokalen Händler vereinbaren, um die Ware auszuprobieren und zu kaufen. Ziel der Plattform ist es aber, alle „Leistungsträger“ des Sports – Hersteller, Händler, Vereine, Coaches – mit dem Sportler zusammenzubringen. „Der User bekommt hier verschiedene Dienstleistungen aus einem Guss. Damit wird ihm ein rundes Sporterlebnis geboten, wo es nicht rein um das Produkt gehen muss“, so das Jury-Urteil.
Auch beim fünften Finalisten „You“ (Tim Hemzal, Sammy Roppert) ist eine Plattform beziehungsweise App im Spiel. Hier soll es aber in erster Linie um den Menschen und nicht um Produkte gehen. Der User kann sich dabei mit einem Agenten verbinden lassen, der ihn 18 Monate bei seiner Sportart begleiten wird – und das nicht nur virtuell, sondern nach Möglichkeit auch physisch. Für die Mitgliedschaft bezahlt er 24 Euro pro Monat, enthalten in diesem Beitrag sind 200 Euro für Sportausrüstung und 200 Euro für die Servicedienstleistung des Coaches. „Auch hier wird allumfassend eine Dienstleistung für eine Sportart geboten, die nicht mit dem Produkt beginnt, sondern in diesem Fall mit dem Coaching des Users“, erklärt Rosenkranz. Sein Fazit zu den Beiträgen: „In allen Projekten ging es um Digitalisierung, um Automatisierung durch digitale Medien, um eine Plattform. Die Beiträge bestätigen aber auch klar, wie wichtig den Usern von heute und morgen der stationäre Handel ist. Vielleicht mehr in dem Zeitgeist, in dem wir ihn in Zukunft brauchen. Ganz wichtig ist für diese User das Thema Beratung. Wenn sie aber von Beratung sprechen, dann von mehr als nur Produktberatung.“
So soll es weitergehen
In Unternehmen wird mal mehr, mal weniger gerne über neue Ideen gesprochen. Und wenn etwas auf dem Tisch liegt, haben die verantwortlichen Manager oft nicht die Zeit oder Qualifikation, diese auch wirklich umzusetzen. So weit soll es mit und nach dem Futurethon nicht kommen – ganz im Gegenteil. Unter dem Begriff „Speed4success“ haben Ostermann und Rosenkranz gemeinsam mit SAZsport drei Bereiche definiert, die zeitnah angegangen werden sollen: Zum ersten gebe es da die Umsetzung der Sieger-Idee in Form eines Pilotprojektes – oder auch die Kombination der besten Vorschläge miteinander zu einem Prototypen. „Voraussetzung wäre eine staatliche Förderung zu Innovationsthemen im Handel unserer Branche“, meint Rosenkranz. „Und es wäre klasse, wenn wir Partner aus Industrie und Handel finden könnten, die Lust darauf hätten, so ein Pilotprojekt zum Beispiel für ein halbes Jahr mit uns umzusetzen.“ Zum zweiten soll ein sogenannter Futurethon4you stattfinden. Hier steht die Individualisierung im Vordergrund. „Wir wollen das Modell ‚Futurethon‘ für einen Branchenbereich mit mehreren Unternehmen oder individuell für ein Unternehmen mit dessen spezieller Aufgabenstellung zum Thema Zeitgeist und Innovationsprozesse reflektieren“, erläutert Ostermann. Angedacht ist ein Ein-Tages-Workshop mit der Erstellung eines Geschäftsmodells, Business Cases und Prototyps. Zum dritten wird ein Digital Education Program ins Leben gerufen. Dabei sollen die Teilnehmer im Bereich der kreativen Digitalisierung ausgebildet werden. Die Coachings werden von Ostermann und Rosenkranz durchgeführt. Ostermann ist Dozent an der Munich Business School im Bereich Executive Education, und die Lernmodule sollen auf den Sporthandel übertragen werden.
Fazit des ersten Futurethons
Knapp 200 eingeloggte Members (= Zuschauer) zählte der Livestream zum ersten Futurethon von SAZsport, der am Abend des 14. Dezember stattgefunden hat. „Eine gelungene Veranstaltung in einem außergewöhnlichen Format mit innovativen Methoden“, resümiert Stefan Rosenkranz, einer der Organisatoren, zufrieden. „Über 195 Brancheninsider online während der Live Pitches – das zeigt, wie groß das Interesse am 1. Sports Trading Futurethon war. Und auch die Feedbacks bestätigen unseren Weg. Ja, es war ein Experiment, aber die Ergebnisse und Inhalte der Pitches haben schon spannende und zukunftsweisende Ideen gebracht. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir den Futurethon – vielleicht mit anderen Aufgabenstellungen – wiederholen werden.“
Thomas Schmid vom BSI, einem der Partner des Futurethons, ergänzt: „Aus unserer Sicht war es sehr wichtig zu sehen, dass alle Pitches eine sehr enge Verzahnung von Industrie, Handel und Kunden gezeigt haben. Außerdem wurde der Community-Gedanke stark betont und daraus auch interessante Geschäftsmodelle entwickelt. So wurde deutlich, dass die Orientierung am Kunden weiter zunehmen muss, um auch die Digital Natives der Zukunft als Kunden gewinnen zu können.“