Die Altkleiderberge wachsen
Quelle: Shutterstock / Martin de Jong
Im Brennpunkt 03.06.2024, 04:00 Uhr

Das Recycling-Dilemma

Trotz aller Fortschritte stehen Recyclingmethoden auf dem Prüfstand. Nur langsam bewegt sich die Textilindustrie. Zu langsam? Ein Beitrag von Ralf Kerkeling.
Die Textilbranche blickte noch bis Anfang des Jahres hoffnungsvoll nach Schweden. Im dortigen Sundsvall steht eine großindustrielle Anlage der Firma Renewcell. Mit reichlich Venture-Kapital ausgestattet, galt die Firma Renewcell als ein mit Spannung beobachteter Hoffnungsschimmer.



Zwar gibt es Kaufinteressenten an dem Unternehmen, bei dem zu den größten Anteilseignern H&M und Girindus zählen. Aber aktuell steht die Anlage still. Unabhängig davon, wie die Zukunft von Renew -cell aussieht, steht die Firma für eine neue Form des Recyclings, die neue Möglichkeiten eröffnet – umweltverträgliches chemisches Recycling.



Anders als beim bislang üblichen mechanischen Recycling, bei dem die chemische Struktur sortenreiner Kunststoffe unverändert bleibt, ermöglicht chemisches Recycling die Umwandlung der Kunststoffpolymere in kleinste Teile, in ihre Monomere, die chemischen Grundbausteine. Um es einfacher auszudrücken: Altkleider können, so die Grundidee, ohne großes Sortieren in ihre Grundmaterialien aufgedröselt werden. Anschließend kann ein neues Garn gewonnen werden, aus dem wieder neue, qualitativ hochwertige Textilien entstehen können. Dabei spielt es keine Rolle, aus welchem und wie vielen unterschiedlichen Materialien das Kleidungsstück besteht. Für Outdoor-Bekleidung mit ihren Membranen gilt dies genauso wie für normale Sport- und Modetextilien. 60.000 Tonnen Zellstoff sollten in Sundsvall pro Jahr produziert werden. Einiges, wenn man bedenkt, dass bislang nur kleinere Mengen von etwa 100 Tonnen pro Jahr möglich waren.



„Die ganze Branche hat darauf geschaut“, so die freie Textil-Fachjournalistin Dr. Regina Henkel. Dr. Henkel vermutet, dass Störstoffe entfernt und die ausgedienten Textilien neu sortiert werden mussten, was letztlich den Gesamtprozess verteuert hat. „Eventuell konnten die Altkleider nicht so gut sortiert werden, dass die Anlage damit kostengünstig betrieben werden konnte.“

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