Mit der Signa Holding ging es in den Abgrund
14.03.2024, 08:00 Uhr
Die wiedergewonnene Freiheit von Tennis-Point
Die Insolvenz des so erfolgsverwöhnten Multichannel-Händlers Tennis-Point hatte auch mit den Umständen bei Mutter Signa Sports United zu tun. Das Unternehmen will nun mit einem Investorenkonsortium wieder angreifen. Welche Rolle Gründer Christian Miele dabei spielt.
Der Tennis-Point-Store in Münster - einer von zwölf Geschäften des Händlers deutschlandweit.
Quelle: Tennis-Point
Seit Oktober des letzten Jahres befindet sich Signa Sports United (SSU) in Insolvenz. Dazu war es gekommen, als die Signa Holding das garantierte Eigenkapital in Höhe von 150 Mio. Euro aufgekündigt hatte. Und dann fielen die der SSU angeschlossenen Sporthandelstöchter um wie Dominosteine. Die allererste, die ebenso einen Insolvenzantrag stellen musste, war Tennis-Point. Der Multichannel-Händler ist gleichzeitig das erste Unternehmen aus dieser gestrauchelten Gruppe, das wieder zukunftsfähig gemacht wurde. Und daran hat Gründer Christian Miele (49) einen großen Anteil.
Großes Filialnetz, viele Niederlassungen
Hat seine Firma wieder: Christian Miele, Gründer und Geschäftsführer von Tennis-Point.
Quelle: Tennis-Point
Übernahme von Tennis-Point durch Signa im Jahr 2016
Es war demnach eine Art Tennishandel-Imperium, das da aufgebaut wurde. Und das auch mit Hilfe der Signa Holding, die den erfolgreichen Multichanneler 2016 ins Portfolio aufgenommen hatte. Zum einen hatte Tennis-Point seine Eigenständigkeit aufgegeben, konnte zum anderen aber auch von der Power und Schlagkraft des neuen Eigentümers profitieren. Gegen Ende 2021 hatte SSU mit all seinen Handelsmarken, darunter auch Fahrrad.de, Brügelmann oder Campz.de, zusammengefasst unter der Internetstores GmbH, sogar den Börsengang gewagt. Doch das Ende ist bekannt, und Tennis-Point erlebte einen jähen Absturz. Das Bittere dabei: Die Zahlen hatten gestimmt, die Umsätze waren trotz, aber auch dank der schwierigen Corona-Jahre geklettert (auf einen guten unteren dreistelligen Millionenbetrag). Viele E-Commerce-Player waren durch Inflation, Konsumzurückhaltung und mangelnder Nachfrage in Schieflage geraten (Beispiel Keller Sports). Nicht so Tennis-Point. „Der Tennismarkt ist noch verhältnismäßig stabil. Die Konsumenten lassen es sich nicht nehmen, ihren Sport auszuüben“, betont Miele. Somit hatte er auch im letzten Herbst keine Angst vor einem Aus. Zu Recht, wie sich zeigte: Innerhalb von nur zweieinhalb Monaten wurde gemeinsam mit Insolvenzverwalter Dr. Christian Gerloff eine zukunftsfähige Lösung für Tennis-Point gefunden, und der Firmengründer Miele war maßgeblich daran beteiligt. Er bekam die Chance, sich ein Investorenkonsortium selbst zusammenzustellen. Dies besteht aus Orlando Capital (München) um Operations Principal Markus Fitzek (36), der gleichzeitig die Geschäftsführung neben Miele übernommen hat. Dazu kommen noch Unternehmen aus der ostwestfälischen Region, die eine Minderheitsbeteiligung haben. Und Miele selbst, der sein „Baby“ zu einem Teil wieder zurückgekauft hat. „Wir freuen uns sehr, dass Tennis-Point wieder eigenständig ist“, erklärt er. Gegründet wurde für diese Art von Neustart die Tennis-Point Europe GmbH.
Expansion nach Osteuropa
Wie genau diese künftig aufgestellt, welches Geschäftsfeld behalten oder auch abgestoßen werden soll – all das befindet sich noch in einem längeren Entscheidungsprozess. Nur so viel: Tennis-Point will weiterhin die in Europa bekannten „Tennisländer“ bespielen (DACH, Frankreich, Spanien, Italien), dazu den osteuropäischen Markt erschließen. Eine wichtige Rolle soll auch die artverwandte Sportart Padel einnehmen. Im Fokus stehen zudem weiterhin die Partnerschaften zu ATP und DTB. Dazu wollen Miele und sein Team Tennisvereinen helfen, sich für die Zukunft aufzustellen – mit Mitgliedergewinnungskonzepten, bei digitalen Themen und beratend (Beispiel: Wie legt man einen Padel-Platz an?). Das Sortiment soll weiter so umfangreich sein wie bisher. Und es ist das Ziel, wieder näher an den Kunden heranzurücken, dessen Bedürfnisse besser zu verstehen und ihn dementsprechend für seinen Lieblingssport auszurüsten. Ein Vorhaben, das in der siebenjährigen Zeit mit der SSU offenbar ein wenig zu kurz gekommen ist.
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